Darum stieg Neumarkt zur Hochburg im Squash auf

14.5.2020, 10:29 Uhr
Darum stieg Neumarkt zur Hochburg im Squash auf

© Foto: Ralf Rödel

Aus reiner Neugier verschlug es Erich Ploch an jene bald berüchtigte Spielstätte am Südrand der Stadt, die ihm "eine unvergessliche Zeit" bereiten und als zweites Wohnzimmer "für immer Teil meines Lebens" werden sollte. Wie die Aktiven "da in Garagen hinter Glasscheiben herumspringen", faszinierte den passionierten Tennisspieler beim ersten Besuch mit seinem Sohn im TSCN nachhaltig. "Ich hatte ja zunächst keine Ahnung und habe mir das Handwerk erst aneignen müssen. Aber wer sich mit einem Schläger auskennt, trifft auch den kleineren Ball", erklärt Ploch.

Über die Bekanntschaft zum Mitbetreiber der 1983 — im Zuge einer explosionsartigen Ausbreitung von Squash in Deutschland — eröffneten Anlage fand Ploch Anschluss an die Stammkundschaft, die sich unter dem schlagfertigen Namen "Oberpfälzer Bauernbolzer" kurz zuvor als Verein organisiert hatten. Zwar fehlte dem Neueinsteiger mit Ende 30 die persönliche Perspektive für eine ambitionierte Karriere, dafür engagierte sich Ploch wie auch beim Heimatverein SV Höhenberg für die Jugendarbeit.

Ohne einen festen Plan zu verfolgen, sei er zunächst in die Verantwortung für ein samstägliches Schnuppertraining für Kinder "reingerutscht", das dem Klub innerhalb weniger Jahre vor allem beim weiblichen Nachwuchs regen Zuwachs bescherte. Im Gespann mit dem Regensburger Trainer Volker Hauke, der Christine Landmann als erstes Eigengewächs zur bayerischen U16-Meisterin formte, avancierte Ploch zum betreuenden Talent- und Menschenfänger. "Erfolg spornt an", lautet für Ploch die Formel, die ihn, den Verein und seine Vorzeige-Juwele in immer neue Sphären vordringen ließ. Als das Konzept 1989 von der Dresdner Bank mit einem Förderpreis von 10000 D-Mark ausgezeichnet wurde, hatten die aus Sicht ihres Entdeckers "zielstrebigeren und zuverlässigeren" Frauen den Männern trotz Ausnahmeerscheinungen wie Mario Durin längst den Rang abgelaufen und drängten nach zwei Landestiteln in die Bundesliga.

35000 Mark Budget pro Saison

Dass sich die Lokalmatadorinnen um Kerstin Distler, Landmann oder Sonja Hupfer von 1993 bis 1998/99 gegen die nationale und internationale Elite messen zu durften, bedurfte freilich nicht nur sportliche Voraussetzungen. Von entscheidender Hilfe waren die beruflichen Fähigkeiten des Außendienstlers Erich Ploch, der sich um den Verkauf von Werbebanden verdient machte.

Darum stieg Neumarkt zur Hochburg im Squash auf

Klassisch "Klinken putzen" sei er eben damals gegangen und schrecke auch nicht von der unkonventionellen Idee zurück, einen Bremer Kondom-Hersteller zu kontaktieren. "Du musst die Leute nur ansprechen, dann lässt sich auch heute etwas bewegen", konstatiert Ploch mit Blick auf Klagen aus dem Amateursport über mangelnde Unterstützung durch Sponsoren. So strickte der Neumarkter Squash-Manager in der Hochphase der auf knapp 130 Köpfe gewachsenen OBB etwa einen Etat von 35000 D-Mark pro Saison, die für die Verpflichtung externer Kräfte verwendet wurden.

Darum stieg Neumarkt zur Hochburg im Squash auf

© Erich Ploch/OBB Neumarkt

Wenn ein Szene-Star wie die Südafrikanerin Angelique Clifton-Parks zu den Partien für 300 Mark pro Einsatz plus 100 Mark zusätzliche Siegprämie eingeflogen wurde, wollten sich das teilweise vom Fernsehen begleitete Spektakel in der Oberpfalz auf einer zwischenzeitlich zugebauten Tribüne gut 300 Zuschauer nicht entgehen lassen. Obwohl der heute 71 Jahre alte Strippenzieher auch zwei Jahrzehnte später noch oft auf jene legendären Auftritte angesprochen wird, blieb für Ploch der Einsatz für die Jugend nicht weniger bedeutsam. "Jedes zweite Wochenende waren wir irgendwo auf Turnieren", erinnert sich der Funktionär seiner Wurzeln.

Doch die schönsten Tage im Squash waren gezählt, als im Jahr 2000 mit der Frauenmannschaft, deren Mitglieder sich zunehmend im Berufsleben eingespannt sahen oder gen Regensburg wechselten, das Aushängeschild wegbrach. Noch härter traf den Klub die wirtschaftliche Schieflage des TSCN, die nach langer Hängepartie einerseits in der späteren Veräußerung des Areals gipfelte und andererseits die OBB im Streit schon vorher zur Flucht ins Altdorfer Exil trieb.

"Das Interesse der Eigentümer galt leider dem Geld und nicht dem Sport", begründet Ploch das allmähliche versanden eines letzten Versuchs zur Wiederbelebung der alten Heimstätte. Parallel hatte die neu aufkommende Konkurrenz im Freizeitsektor dem einstigen Trendsport auch personell das Wasser abgegraben, weshalb die Lichter bei den Bauernbolzern 2010 endgültig erloschen.

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