"Der einzige blonde Türke in der Stadt Neumarkt"

23.10.2019, 08:28 Uhr

© Foto: Helmut Sturm

Zum einen war es eine Geste der Gastfreundschaft, zum anderen wollten die Neumarkter Türken zeigen, was für sie im Zusammenleben der Stadt wichtig sei und wie sie ihre erfolgreiche Integration erlebt haben. Als wesentlichen Faktor diesbezüglich nannte Irfan Soykurt das gegenseitige Aufeinander zu gehen, Vertrauen zu fassen und sich nicht unverstanden zurückzuziehen.

Als herausragende Persönlichkeit dieses langjährigen Prozesses kris-tallisierte sich im Laufe der Jahre Rainer Hortolani als Integrationsbeauftragter heraus. "Ich bin ein Teil von Euch geworden – der einzige blonde Türke der Stadt."

So stand denn auch das Motto des Bürgergesprächs schnell fest: "Der Dialog mit den Menschen unter-schiedlicher Hautfarbe, Herkunft, Religionen, Sitten und Gebräuche, die in unserer Stadt leben, ist für den Zusammenhalt in einer Kommune alternativlos."

In seiner Begrüßung machte Neumarkts UPW/FW-Vorsitzender Sebastian Schauer deutlich, dass es in erster Linie darum geht, die unter-schiedlichen Menschen zusammenzuführen, Barrieren und Vorurteile abzubauen und so ein Klima des gegenseitigen Vertrauens entstehen zu lassen. "Nur so können wir den bundespolitischen Tendenzen der AfD, NPD und anderen Extremen entgegenwirken."

500 Gläubige kommen

Irfan Soykurt und Selman Bal gaben einen Einblick in die Entwicklung des Türkisch-Islamischen Ver-eins in Neumarkt. 1989 erstanden sie Räumlichkeiten am Unteren Markt, die schnell zu klein waren. Die nächste Station war ein Gebetshaus in der Regensburger Straße und jetzt haben die Neumarkter Muslime ihr Vereinshaus mit Moschee in der Dreichlinger Straße gebaut. Für die Unterstützung bei der Realisierung dankten sie besonders Oberbürgermeister Thomas Thumann.

Als hauptamtlicher Imam kümmert sich gegenwärtig Talha Dogan um die Muslime in der Stadt. Durchschnittlich frequentieren 500 Gläubige während der Woche und besonders zum Freitagsgebet die Moschee.

Die Neumarkter Türken engagieren sich im Vereinsleben und bei Veranstaltungen wie dem Altstadfest. "Daraus sind sie nicht mehr wegzu-denken. Sie sind ein Teil von uns geworden", sagte Hortolani. "Aber, Integration besteht nicht nur aus dem Erlernen der Sprache oder einer Vereinsmitgliedschaft. Es gibt auch keine Integration, die nur mit den Zehenspitzen auf unseren Werten wie dem Grundgesetz beruht. Wer bei uns leben will, muss mit beiden Beinen zu unseren Werten und Gesetzen stehen!"

Beinahe wie aus dem Bilderbuch der Integration wirkten die Wortmel-dungen der Neumarkter Türken. "Wir leben hier in Deutschland und deshalb ist für uns die deutsche Regierung wichtig." Als weiterer wichtiger Aspekt zeigte sich die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. "Das war anfangs nicht leicht", schilderte eine Mutter den steinigen Weg ihrer Tochter mit guten Schulnoten. "Heute ist sie in leitender Funktion tätig."

Es hat sich etwas zum Guten verändert, war denn auch die Überzeu-gung aller. Im Landkreis leben 770 Männer und Frauen mit türkischem Pass und in der Stadt 300. Abschließend richtete Vorsitzender Irfan Soykurt noch zwei große Wünsche an die Verantwortlichen der Stadt: Es liege noch ein bisher unbeantwortetes Schreiben mit der Bitte um finanzielle Unterstützung für den Bau des Gebets- und Vereinshauses in der Dreichlingerstraße im Rathaus. Da hoffe er auf einen positiven Bescheid. Als zweiten großen Wunsch nannte er den Bau eines muslimischen Kindergartens.

Die Beteiligung der Neumarkter Öffentlichkeit am Bürgergespräch war spärlich, war die Ankündigung doch kurzfristig und "dünn".

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