"Die Corona-Notbremse ist für Neumarkts Handel tödlich"

31.3.2021, 05:41 Uhr

© Foto: Distler

Als Vizepräsident des Handelsverbandes Bayern und Geschäftsinhaber des gleichnamigen Ladens in der Oberen Marktstraße stört ihn vor allem eines: "die absolute Ungleichbehandlung".

Es dürfe nicht sein, dass Baumärkte und Buchhandlungen weiter offen haben oder Badetouristen auf Mallorca landen, während der sonstige Einzelhandel schließen müsse. Achatz ist daher nicht gut auf die Politik zu sprechen, bezeichnet die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise als "konzeptlos".



Die Gefahr durch das Virus sei existent, da hege er keine Zweifel; doch gerade weil man wohl noch eine Weile mit Corona und all seinen Mutanten leben müsse, brauche es dringend eine Abkehr vom Lockdown als Allheilmittel.

"Unsere Hygiene-Konzepte sind gut, wenn nicht sogar besser als im Baumarkt", ist Achatz überzeugt und schätzt die Gefahr beim Shoppen als minimal ein.

 

In drei Jahren wird es ein Drittel der Neumarkter Geschäfte nicht mehr geben

Der Frust ist ihm anzuhören, er fühlt sich ohnmächtig und überlegt laut: "Eigentlich müssten die Einzelhändler einfach wieder aufsperren." Er hofft sehr, dass er das Ende April mit Erlaubnis wieder tun darf. Langfristig wagt Josef Achatz eine düstere Prognose: "In drei Jahren wird es ein Drittel der Geschäfte nicht mehr geben."

Seit dem heutigen Mittwoch ist nur noch "Click & Collect" erlaubt, ausgenommen sind unter anderem der Lebensmittelhandel, Reformhäuser, Blumenläden, Baumärkte und Fahrschulen.


Corona: Landkreis Neumarkt zieht die "Notbremse"


 "Click & Collect lindert nur die Schmerzen"

Auch Gerhard Künzel, Geschäftsführer des Tevi-Marktes in der Nürnberger Straße, fehlt dafür das Verständnis. "Wir haben zusätzlich Einlasskontrollen und Abstandskontrollen, das sehe ich im Lebensmittelhandel nicht", sagt er.

Click & Meet, also Einkaufen nach Anmeldung, habe in den vergangenen Wochen gut funktioniert und auch Geld in die Kasse gespült. Click & Collect hingegen "lindert lediglich die Schmerzen", so Künzel. Beides sei jedoch ein Kompromiss auf Zeit und bei Weitem kein Vergleich zum Normalbetrieb.

Dass der Schnelltest den großen Durchbruch erzielen werde, bezweifelt er. "Wir haben jetzt schon große Diskussionen, weil Kunden frustriert sind aufgrund der Einschränkungen. Wo soll das hinführen, wenn wir obendrein einen tagesaktuellen Test verlangen?", fragt er.

Schnelltests kurbeln den Handel nicht an

Auch Innenstadtreferentin Gerlinde Wanke zweifelt an der Sinnhaftigkeit der Schnelltests. Diese könnten höchstens "unterstützend" eingesetzt werden, um Gastronomie und Handel wieder anzukurbeln. Die Parole sollte ihrer Meinung nach lauten: "Impfen, was das Zeug hält."

Wanke wünscht sich vielmehr eine neue Anschauung in der Politik. Es dürfe nicht sein, dass der Inzidenzwert vor dem Hintergrund massenhafter Tests die einzige Kennziffer für Corona-Maßnahmen sei. Und, dass der Einzelhandel und die Gastronomie der Leidtragende seien, wenn im Privatbereich der Großteil der Ansteckungen stattfinde.

Alle Pläne für Neumarkts Innenstadt liegen auf Eis

Wanke fürchtet, dass ein Schnelltest-Zentrum in der Innenstadt den Kundenverkehr nicht nachhaltig steigern würde: "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, die Maßnahmen erziehen ihn zu einem Internet-Kunden." Sie glaubt, der Innenstadt stehe nachhaltig eine große Veränderung bevor.

Das trifft sie, als Innenstadtreferentin, mitten ins Herz: "Die ganzen Ideen und Pläne für die Umgestaltung des Marktplatzes und die ganzen Feste – alles liegt auf Eis." Wann und ob die Pläne wieder auf den Tisch kommen, steht in den Sternen.

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