Ein Land, das es noch nicht gibt

29.3.2014, 13:00 Uhr
Ein Land, das es noch nicht gibt

© Danielle Gömmel

Als „die größte Nation ohne Staat“ hat der kurdische Außenminister Mustafa Falah Kurdistan bezeichnet. Danielle Gömmel, Studentin aus Postbauer-Heng, hat ihn persönlich kennengelernt: Mit 20 weiteren Studenten aus ganz Deutschland war sie knapp zwei Wochen lang auf „middle east excursion“ unterwegs (wir berichteten).

 Beeindruckend war das Treffen mit dem Außenminister, sagt Gömmel: Eigentlich hatte er 30 Minuten für seine deutschen Gäste eingeplant, daraus wurden eineinhalb Stunden. Das Verhältnis zu den Nachbarländern und zu Europa war Thema: Kurden leben in der Türkei, in Syrien, im Iran und im Irak. In Verhandlungen von allen zu erreichen, dass sie Gebiete an den künftigen Staat Kurdistan abgeben, hält Falah für wenig aussichtsreich. Mit der Türkei und mit Syrien, hofft er, könne man sich einigen.

Falah bedauert, dass der Staat Kurdistan von Europa kaum Beachtung erfährt. Kurdistan existiert eigentlich schon, die Administration steht: Das erlebte Danielle Gömmel vor Ort.

Allein konnte sie als Frau sich nicht durch die Städte bewegen, aber mindestens zu zweit waren die deutschen Gäste gut unterwegs. Einmal wollte Gömmel mit einem Mitreisenden etwas zu essen holen, als auf einmal Panzer und Bewaffnete auf den Straßen auftauchten. Eskorte für einen hochrangigen Besucher, hieß es.

Beeindruckend fand Danielle Gömmel die Gastfreundschaft und Offenheit der Menschen. Der irakische Busfahrer, der die Gruppe chauffierte, lud sie alle in sein winziges Wohnzimmer ein, wo seine Familie selbstgebackenen Kuchen servierte.

Ein Land, das es noch nicht gibt

© privat

Den unterschiedlichen Komfort der Unterkünfte nahmen die jungen Leute mit Humor. Im ersten Hotel, das sich die drei Sterne selbst an den Namen geklebt hatte, „haben wir es im Zimmer gut getroffen: Wir hatten Strom“, so Gömmel, im anderen Apartment blieb es dunkel.

Begehrtes Fotomodell

Auf der Straße oder in Cafés fielen die europäischen Besucher auf, und Danielle Gömmel als blonde Frau besonders: So war sie begehrtes Fotomodell für Schnappschüsse. Viele erkundigten sich, was sie ins Land führe, und fragten nach, wie das Leben in Deutschland aussieht.

Bereichernd auch ein Treffen mit Vertretern der kurdischen Studentenvereinigung KSU: Dass in Deutschland viele junge Leute wenig mit Politik anfangen können, hat die kurdischen Studenten entsetzt. „ Sie sind mit der Situation im Land unzufrieden“, meint Gömmel, die selbst in der SPD und in der Kirche aktiv ist. Hier „schätzen wir oft zu wenig, dass wir so gut leben können.“

Aber auch für touristische Ziele blieb ein bisschen Zeit. So ging sie, die Schuhe in einem Plastikbeutel, durch die blaue Moschee in Istanbul und sah sich auch viele andere Moscheen an.

Ihr liebstes von den rund 600 Reisefotos zeigt den Bus im Dunkeln, auf einem Berg mit Blick auf die Lichter der Stadt Sulaymaniyah. „Wir saßen auf dem Dach des Busses und haben Musik gehört“, ein besonderer Abend.

Auch wenn sie Sehnsucht nach Schwarzbrot, nach Kraut und Bratwürsten hatte: Danielle Gömmel würde gern wieder in den Nahen Osten reisen. Israel, sagt sie, würde sie reizen.

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