Gastronomie im Wandel

Ein Schweizer übernimmt den Lehnerwirt in Breitenbrunn

16.7.2021, 08:53 Uhr
Das Gasthaus zum Lehnerwirt kann auf eine 111-jährige Geschichte zurückblicken. 

© Werner Sturm, NNZ Das Gasthaus zum Lehnerwirt kann auf eine 111-jährige Geschichte zurückblicken. 

Für viele alteingesessene Breitenbrunner und für die Anhänger einer gepflegten Wirtshauskultur dürfte diese Nachricht zunächst ein Schock gewesen sein: Gerhard und Rosmarie Braun öffnen den Gasthof zum Lehnerwirt nicht mehr und verkaufen das eindrucksvolle Gebäude, das am Breitenbrunner Marktplatz auf eine 111 Jahre lang währende Geschichte zurückblicken kann.

Die Beiden, die das Wirtshaus seit nunmehr 17 Jahren mit großer Freude und mit viel Leidenschaft führten, haben aber auch eine gute Nachricht für ihre treuen Gäste und für den Marktflecken parat. Toni Schmid, ein bodenständiger Schweizer, wird ab 1. August 2021 als neuer Eigentümer den Betrieb übernehmen.

Gerhard und Rosmarie Braun führten die Traditions-Gaststätte seit de seit 17 Jahren

Gerhard und Rosmarie Braun führten die Traditions-Gaststätte seit de seit 17 Jahren © Werner Sturm, NNZ

„An Allerheiligen des letzten Jahres um 22 Uhr haben wir die letzten Gäste verabschiedet, seitdem hat unser Gasthaus wegen Corona geschlossen“, erzählten Gerhard und Rosmarie Braun dem Donaukurier bei einem Treffen in der historischen Wirtsstube. Die Hoffnung zu Weihnachten, zu Silvester oder im zeitigen Frühjahr wieder aufsperren zu dürfen, habe sich nicht erfüllt, im Gegenteil, die Pandemie und die damit verbundene lange Betriebsschließung haben ihnen arg zu schaffen gemacht.

Der Lehnerwirt gehörte zu den sieben Brauereien, die es dereinst in Breitenbrunn gegeben hat. Ursprünglich erbaut im 18. Jahrhundert, befindet sich der Gasthof seit 1912 im Familienbesitz. Mit einer kleinen Wirtsstube und einer Binderei, in welcher Fässer, Krüge und Zuber aus Holz gefertigt wurden, legte damals Johann Lehner den Grundstock für die weitere Entwicklung.

Dessen Sohn Anton führte den mittlerweile eingesessenen Betrieb fort bis schließlich nach seinem Tod, Erhard Lehner, der Enkel des Begründers, den Gasthof übernahm. Der Wirtshauskultur und Tradition verpflichtet, entwickelte sich fortan ein weit über die Region hinaus bekannter Gasthof, der für gutes Essen und Gastlichkeit gebürgt hat. Seit der Wiedereröffnung nach dem Brandereignis im Mai 2004 führten Rosmarie Braun, die Tochter des zwischenzeitlich verstorbenen Erhard Lehner, und ihr Ehemann die Gastwirtschaft und leisteten damit einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Wirtshaus-Tradition im Ortszentrum.

„Wir haben lange überlegt und mit uns gerungen, wie es mit dem Wirtshaus weitergehen soll, sagten die Wirtsleute. Aber am Ende sei man nach reiflicher Überlegung zu dem Entschluss gekommen, den Familienbetrieb nicht mehr weiterzuführen, sondern ihn vielmehr in verlässliche Hände zu legen. „Um das Wirtshaus in eine gute Zukunft zu führen bedarf es einer breiteren Aufstellung, sagte der scheidende Wirt und machte deutlich: „Ich befinde mich jetzt im 46. Berufsjahr, meine Frau, eine geborene Lehner, arbeitet sei 44 Jahren im Betrieb, der einst ihren Eltern gehörte. Als dann die Kaufanfrage kam und die Entscheidung anstand selber weitermachen, zu verpachten oder zu verkaufen, haben wir uns für Letzteres entschieden.“

Sehr emotional

Gerhard und Rosmarie Braun räumten ein, dass sie sich bis zur Unterzeichnung der Verkaufsurkunde schon sehr emotional mit der Situation beschäftigt haben. „Da geht einem viel durch den Kopf, viele Gefühle und auch Wehmut beschleichen einem, aber am Schluss waren wir uns sicher, den richtigen Weg gegangen zu sein“, erklärten sie übereinstimmend. Dazu kommt, dass das Ehepaar schon einmal vor der Entscheidung gestanden hat aufzuhören oder weiterzumachen. Das war im Februar 2003, als das Wirtshaus von einem Feuer zerstört wurde und sich die Frage des Wiederaufbaus stellte. Damals fasste man den Entschluss weiterzumachen. Im Mai 2004 wurde wieder geöffnet. Seitdem führen Rosmarie Braun und ihr Ehemann die Gastwirtschaft.

Bevor das Gebäude an seinen neuen Eigentümer übergeht, werden noch die Sanierungsarbeiten in den Gästezimmern, in der Ferienwohnung und in der vorhandenen Privatwohnung zum Abschluss gebracht. Darüber hinaus gibt es noch verschiedene Arbeiten zu erledigen, beispielsweise im Bereich der Gebäudetechnik. Dann ist Schluss für die Wirtsleute Gerhard und Rosmarie Braun.

Etwas wehmütig werden die beiden schon, wenn sie Rückschau halten. „Die vielen Faschingsbälle, die traditionellen Vereinsfeiern, Kirchweihfeste, kirchliche Veranstaltungen, der pflegliche Umgang zwischen Gast und Wirt, die vielen schönen Erlebnisse, die das Negative deutlich überwiegen, das alles wird uns in guter Erinnerung bleiben.“ Und was Gerhard und Rosmarie Braun ganz besonders am Herzen liegt, beschreiben er so: „Der Lehnerwirt war in erster Linie immer ein Familienbetrieb. Ob es die Schwiegereltern waren, unsere Kinder Christian und Sophie, unsere treue Seele Juliane Simon, Angelika, Renate und Cornelia, die Schwestern meiner Frau mit ihren Angehörigen, oder unser gesamtes Personal, alle haben sie uns immer leidenschaftlich und zuverlässig unterstützt. Die Liegenschaft besteht nur aus Mauersteinen, aber die emotionale Bindung zu all den Genannten war immer etwas Besonderes und hat uns unsere Entscheidung nicht leicht gemacht.“

Auch ihre Gäste vergessen die Beiden zum Schluss des Gesprächs nicht: „Wir bedanken uns ganz herzlich bei all unseren Gästen, vor allem bei den stets besorgten und umsorgten Stammgästen, den Vereinen und vielen Familien aus dem Gemeindebereich und darüber hinaus bei denen, die uns über viele Jahre die Treue gehalten haben.“

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