Emmerling: "Wer christlich ist, der wählt links"

28.9.2018, 19:55 Uhr
Emmerling:

© F.: Wolfgang Fellner

Und so sitzt er da, in der Redaktion der Neumarkter Nachrichten, und kann nur müde lächeln über einen Artikel in den NN über die Wohnungsnot. Emmerling meint: Nach der Privatisierung der gut 32 000 GbW-Wohnungen sei der Bau von einigen Wohnungen hie und da durch die Staatsregierung "ein Tropfen auf den heißen Stein." 70 000 neue Wohnungen jährlich seien nötig, die Linke fordert 40 000 pro Jahr.

Seine Mutter sei alleinerziehend gewesen, "ich bin mit Hartz IV groß geworden", erzählt er. "Die aktuelle Staatsregierung überlegt, Zuschüsse zu gewähren für Leute, die sich ein Eigenheim bauen. Davon sind so viele Familien so weit weg."

Emmerling, der politische Philosophie in Regensburg studiert, hat sich Thema "Gerechtigkeit" auf die Fahnen geschrieben: "Weg von der Profitorientiertheit, hin zu Solidarität und einer Gesellschaft, die aufeinander achtet", wünscht er sich und schließt "eine gerechtere Vermögensverteilung" gleich mit ein.

Immer noch stempeln viele Die Linke als Spinner oder Träumer ab. Der eloquente 21-Jährige will das so nicht stehen lassen: "Wenn man dem bayerischen Raumfahrtprogramm "Bavaria One", Hyperloop-Strecken oder Flugtaxis die Forderung der Linken beispielsweise nach einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr gegenüberstellt, frage ich mich: Wer hier die Träumer sind."

Konkret will er auch der Leiharbeit an den Kragen und Kettenbefristungen gesetzlich verbieten: "Angeblich geht es uns in Bayern so gut. Aber nicht allen. Über 57-Jährige werden aus der Arbeitsmarkt-Statistik ebenso herausgerechnet wie Teilzeitjobs – doch das sind keine verlässlichen Jobs." Auch viele Lehrer wüssten nicht, wo sie nächstes Jahr zum Einsatz kommen. Dazu will er sich im Landtag für höhere Renten einsetzen – "auch, wenn ich jung bin".

Von einem Einwanderungs-Gesetz à la Seehofer und Söder hält er nichts: "Das ist ein Aussieben danach, was der Staat braucht: Gute holen wir zu uns, der Rest kann bleiben, wo er ist. Das befeuert den Mangel sowie Konflikte in den Herkunftsländern und darf nicht unser Ziel sein."

Besonders stören sich konservative Wähler an der linken Forderung, auch straffällig gewordene Asylbewerber nicht abzuschieben. Emmerling begründet: "Dass ein Straftäter bestraft gehört, steht außer Frage. Aber es ist ein Aspekt der Menschlichkeit, nicht dorthin abzuschieben, wo einem der Tod droht. Außerdem ist der teuerste Flüchtling immer noch der Steuerflüchtling – die Paradise Papers vor einiger Zeit haben gezeigt, wie viele Milliarden große Unternehmen am deutschen Staat vorbeischmuggeln."

Für den 21-Jährigen ist anderes drängender: "500 Polizisten stehen an vier Grenzübergängen. Eine Pflegerin ist für 13 Kranke zuständig. Das ist ein Verhältnis von 125:1 beziehungsweise 1:13. Das sind die Probleme, die wir ansprechen und ändern müssen."

Neue Art, Leute zu erreichen

Den aktuellen Politikverdruss in Bayern will er nicht hinnehmen. Seine Partei geht deshalb neue Wege, lud am Rande des Jura-Volksfestes zu politischen Gesprächen bei einer Wasserpfeife, stellte sich vors Arbeitsamt oder das Krankenhaus, um über Forderungen der Linken zu informieren oder besucht Wirtshäuser, um dort über die Pflege zu diskutieren.

Ob es Die Linke damit in den Landtag schafft? In Umfragen liegt sie bei rund fünf Prozent. Emmerling ist optimistisch: "Gut 15 Prozent der Bayern können sich vorstellen, uns zu wählen. Bei der Bundestagswahl haben das sechs Prozent der Bayern getan. Genau die müssen wir erreichen."

Sein großes Ziel: "Wir werden demnächst mit der AfD eine sehr rechte Partei im Landtag haben. Da muss die Linke ein Bollwerk dagegen sein – durch eine sozialere Politik." Denn bei der SPD sei das einzig verbliebene "das ,S‘ im Namen". Und Tobias Emmerling geht mit Blick auf das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz der Landesregierung und die aktuelle "hetzerische" Rhetorik der Christsozialen sogar noch einen Schritt weiter: "Die CSU vertritt keine christlichen Werte mehr. Deshalb: Wer christlich ist, wählt links."

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