EMS-Training: Strom-Kitzel verspricht Traumfigur

1.8.2016, 12:28 Uhr
EMS-Training: Strom-Kitzel verspricht  Traumfigur

© Foto: André De Geare

Dagmar steht unter Strom. Einerseits ist es die Aufregung vor dem Unbekannten. Andererseits wird in wenigen Minuten tatsächlich Strom durch ihre Muskelfasern fließen.

Ein Fitnesstraining, das sichtbare Ergebnisse bei geringem Aufwand verspricht – das hat sofort das Interesse der 24-Jährigen geweckt. Also hat sie sich für ein EMS-Training angemeldet, „weil 20 Minuten locker reichen“, wie das Neumarkter „Bodystreet“-Studio wirbt.

Bei ihrem ersten Besuch wird die junge Frau nach ihrem Tagesablauf und eventuellen Krankheiten gefragt. Personal-Trainer Felix Waegener nimmt sich viel Zeit, um die Erwartungen und Ziele mit der Kundin zu besprechen. Dazu gehören auch Ratschläge zur Ernährung.

Bei Grün kribbelt’s

Dann geht es ans Eingemachte: Dagmar muss spezielle Kleidung anziehen, die eng anliegt und angefeuchtet ist. Das gewährleistet, dass die Stromimpulse gut in alle Körperregionen geleitet werden. Zusätzlich legt sie eine Weste sowie einen Bein- und Bauchgurt um. Der letzte Schritt: Kabel anschließen und Grundhaltung einnehmen.

Noch leuchtet die Ampel an der EMS-Säule rot, vier Sekunden Pause, dann gelb, grün: Der Strom jagt vier Sekunden lang durch ihre Muskeln.

Im ersten Augenblick ist die EMS-Novizin wie gelähmt und versucht, das neue Gefühl einzuordnen. „Wie eine feste Massage“, wird sie es später beschreiben. „Wie eine elektrische Fliegenklatsche“, empfindet es Trainer Felix Waegener.

Die erste EMS-Dosis ist noch zu hoch für die Einsteigerin. Kein Problem: Für jede Körperregion lässt sich die Ladung separat einstellen. Schnell ist die richtige Einstellung gefunden und das Duo geht alle 16 Übungen durch.

Ob das Training unter Strom gefährlich ist? „Nein“, sagt Felix Waegener. „Durch die Elektro-Stimulation verstärken wir nur die natürliche Kontraktion der Muskeln.“ Durch den Reizstrom werde die Anstrengung erhöht und selbst vermeintlich leichte Übungen können so zur Zitterpartie werden.

Bei Fragen nach der Sicherheit verweist Bodystreet darauf, die Methode habe sich in der Medizin und der Physiotherapie etabliert. Tatsächlich hat das EMS-Training im Reha-Bereich seinen Ursprung, wo es zum Beispiel nach Verletzungen eingesetzt wird.

Angst, dass ihr Körper Schaden nimmt, hat Dagmar nicht. Sie vertraut auf ihr Körpergefühl: „Sobald ich mich über ein normales Maß hinaus nicht wohl fühle, höre ich auf.“ Außerdem ist da ja noch Trainer Felix Waegener, der immer ein wachsames Auge auf sie hat.

Nach genau 20 Minuten schaltet das Lämpchen endgültig auf Rot. Das Training ist beendet. Erstes Resümee: „Dass es so anstrengend wird, hätte ich nicht gedacht“, sagt Dagmar angestrengt lächelnd. „Der Muskelkater wird bestimmt übel.“

Stabiler und agiler

Damit wird sie wohl Recht behalten, wie Trainer Waegener weiß. Muskelpakete, Fußballer oder Frauen mit Problemzonen – alle hat er schon verkabelt. Mit dem Ergebnis: Jeder einzelne kam mächtig ins Schwitzen.

Waegener selbst schließt sich von Zeit zu Zeit auch an die Maschine an. Doch der durchtrainierte Sportler setzt nicht allein auf EMS, für ihn ist es die Mischung aus Freizeitsport, Fitnessstudio und Elektro. Letzteres sei vor allem für Stabilisation und Koordination optimal.

Vor wenigen Jahren noch war die Zielgruppe eine andere als heute. Hauptsächlich Geschäftsleute und solche, die wenig Zeit, dafür aber das nötige Kleingeld hatten, zählten zur „Bodystreet“-Klientel. Heute sind „Stromer“ aus allen Schichten dabei, sagt Waegener, der gerade ein Ehepaar in den besten Jahren an die Säule andockt.

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