Felix musste sehr leiden

8.5.2008, 00:00 Uhr
Felix musste sehr leiden

© Fritz Etzold

FREYSTADT- Auf dem Bauernhof von Silke Luppertz in Frettenshofen bei Freystadt erhält «Felix» jetzt sein Gnadenbrot. Das Pony ist nach der Schätzung eines Tierarztes rund 20 Jahre alt und schwer krank, müsste eigentlich eingeschläfert werden, wie Silke Luppertz sagt. Aber weil «Felix» «mit so viel Lebenswillen» ausgestattet ist, habe man in Absprache mit dem Arzt davon abgesehen.

Als «Felix» aus einem Stall im nördlichen Landkreis Forchheim vergangenen November abgeholt wurde, da habe er selbstgefertigte Kunststoffbeläge getragen, die mit Spax (Bauschrauben) ins Hufhorn geschraubt waren, berichtet Luppertz. Sie kann Röntgenbilder eines Freystädter Tierarztes und ein Gutachten eines Baiersdorfer Veterinärs vorweisen, die dies bestätigten. Im Befund heißt es: «Allein durch den Zustand der Vorderhufe muss das Pferd erhebliche Schmerzen ertragen.»

Nicht nur «Felix» habe solche Leiden durchgemacht, sagt Silke Luppertz: Über den Stall, den die 30-jährige Krankenschwester Martina B. (Name geändert) gepachtet hat, seien seit Juni 2007 mehr als 20 Pferde weiter vermittelt worden, die keineswegs alle fachmännisch behandelt worden seien. Immer wieder träten Krankheiten auf. Die Haltung der Pferde dort werde rein nach kommerziellen Gesichtspunkten betrieben, teilte Luppertz, eine ausgebildete Pferdewirtin und Mutter von vier kleinen Kindern, der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht in Bamberg mit.

Der Tierschutzverein-Noris, der bundesweit das Treiben von Tiervermittlern beäugt, gibt der Freystädterin Schützenhilfe und hat ebenfalls Anzeige bei den Justizbehörden erstattet. Vorsitzender Robert Derbeck wirft Martina B. nicht nur Tierquälerei vor, sondern sieht auch einen «erhärteten Verdacht», dass die Frau gegen die Gewerbeordnung verstoße.

Denn sie kaufe regelmäßig von einem Vieh- und Fleischhändler Schlachtpferde auf, um diese an private Verkäufer weiter zu veräußern. Die erfolge aber auf privater Basis, «nicht über eine juristische Person».

«Nur Konkurrenzdenken»

Martina B. weist im Gespräch mit den NN alle Vorwürfe zurück und unterstellt der Freystädterin Luppertz ihrerseits ein gewisses «Konkurrenzdenken», das in der Branche häufig auftrete. Sie sei hauptberuflich als Krankenschwester in einem Altenheim tätig und arbeite für die Pferdevermittlung unentgeltlich.

Sie stelle im Internet nur eine Plattform zur Verfügung (www.schlachtpferderettung.de), über die sich Interessenten zum Verwursten freigegebene Pferde vom Händler beschaffen könnten. Meist handele es sich um alte Sportpferde, die niemand mehr haben wolle.

Bis die neuen Besitzer die Tiere zu sich holen können, stelle sie sie in dem von ihr angemieteten Stall neben ihren eigenen sieben Pferden unter, sagt Martina B. Zudem seien Vertreter des Forchheimer Veterinäramtes routinemäßig im Stall zu Besuch und hätten nie einen Grund zur Klage gehabt.

Im Landratsamt Forchheim will man sich zum laufenden Verfahren gegen Martina B. nicht äußern. Doch Amtssprecherin Kunigunda Habermann bestätigt: «Wir führen ständig Kontrollen durch, nicht erst, wenn Anzeigen vorliegen.» Kleinere Beanstandungen soll es im Pferdestall in der Vergangenheit gegeben haben, doch seien die Auflagen dann immer wieder erfüllt worden.

Vergangenen Freitag war ein Mitarbeiter des Veterinäramtes Forchheim vor Ort, weil die hochansteckende Pferdekrankheit Druse ausgebrochen ist. Wie viele Tiere infiziert sind, konnte die Kreisbehörde gestern nicht klären.

Tierärztin Nicole Kuhmann aus Kleinsendelbach bestätigte unserer Redaktion, dass sie ein Pferd aus Martina B.‘s Haltung am 11. April einschläfern musste. «Das Tier war fest liegend», sagt sie, «an ein Aufstehen war nicht mehr zu denken.» Die Infusion sei nach langem Kampf eine Erlösung für das Pferd gewesen.