Freundliche Riesen aus Schottland werden Musicalstars

30.8.2017, 09:24 Uhr
Freundliche Riesen aus Schottland werden Musicalstars

© Foto: Distler

"Das sind die menschenfreundlichsten Wesen der Welt, irgendwie außerirdisch." Wenn Toni Bauer bei Pferden ins Schwärmen kommt, dann will das etwas heißen – zumal der Profi rund ums Reiten und Fahren mit der Kutsche keinen der sechs Clydesdale verkaufen kann. Weil sie nicht ihm gehören, sondern zwei Kundinnen. Sie haben die – selbst in hiesigen Expertenkreisen ziemlich unbekannten – Kaltblüter in Bauers Reitanlage im Kloster Seligenporten eingestellt. Die sechs braunen Schotten mit dem weißen Fesselhaar sollen gemeinsam mit vier Tinkern ausgebildet werden. Aber nicht etwa für den Turniersport, für die Dressur oder fürs Springen, sondern für die Show vor großem Publikum. Musicals mit Vierbeinern wie "Apassionata" sind das Vorbild. "Die Pferdebesitzerinnen haben eine Lebensidee, die sie verwirklichen wollen", sagt Toni Bauer.

Zum Wochen vorher vereinbarten Pressetermin auf Bauers Hof in Seligenporten erscheinen die zwei Damen allerdings nicht. Sie hätten einfliegen müssen, aus einem Land östlich von Europa, das sie allerdings nicht genannt haben wollen. Die Vorurteile. Immerhin erfährt man, dass eine der beiden Pferdebesitzerinnen eine Profi-Fotografin ist, die in der Hauptstadt jenes fernen Landes ein großes und offenbar gut florierendes Fotostudio betreibt. "Das sind zwei ganz seriöse Frauen", versichert Toni Bauer.

Ritt ohne Sattel

Der hat in Bezug auf die Clydesdale-Kaltblüter nicht zu viel versprochen. Kaum haben Reporter, Fotograf und Begleiter die weitläufige Koppel hinter dem Kloster Seligenporten betreten, da traben sie schon heran. Ben, Jake und Glenn begrüßen die Gäste, so charmant-freundlich. Sie suchen die Nähe der Menschen, sind neugierig, gucken in die Fototasche, ohne aufdringlich zu sein. Ums Fressen, um Belohnungsfutter geht es nicht. Es ist eine natürliche Zuwendung zum Menschen, die man so von heimischen Pferden nicht bekommt.

Freundliche Riesen aus Schottland werden Musicalstars

© Foto: Günter Distler

Sandra Selinka, die Tochter von Toni Bauer, schwingt sich von einem Erdhügel auf der Koppel auf den ungesattelten Ben und nimmt entspannt auf dem Pferderücken Platz. Und der Kaltblüter ist genauso entspannt. Alles an dem Pferd ist riesig: der Kopf, die Hufe, eine Widerrist-Höhe von über 1,80 Meter. Die XXL-Maße der in Schottland als Schlachtrösser und Ackergäule gezüchteten Pferde lassen ihre Fähigkeiten gar nicht vermuten. "Sie sind dynamisch, bewegen sich locker und galoppieren hervorragend", schwärmt Toni Bauer.

Ungarische Post

Der Pferdemann aus Seligenporten hat seinen Part bei der Erfüllung des Lebenstraumes: Toni Bauer hat mit der Fahrausbildung der drei- bis sechsjährigen Pferde begonnen. Schon seit mehreren Monaten arbeitet der ehemalige Aktive im internationalen Fahrsport mit den vierbeinigen Schülern. Zwei- und vierspännig sollen sie in der Pferdeshow die Kutsche ziehen. Auch die "ungarische Post" ist in der Planung, bei der die Reiter auf dem Pferderücken stehen. Akrobatik, zirzensische Nummern, die hohe Schule der Pferdedressur sollen noch dazu kommen.

Die beiden Musical-Unternehmerinnen in Spe aus dem Osten haben sich für eine tolle Rasse entschieden. Die Clydesdale sind als Showpferde international sehr begehrt. Bauer gilt als exzellenter Fahrausbilder. Und Tochter Sandra Selinka soll die global anerkannte deutsche Pferde-Grundausbildung beisteuern. Sie arbeitet in Seligenporten seit drei Monaten mit Profi-Zirkusleuten aus dem Ausland zusammen. "Es ist unglaublich, was wir in kurzer Zeit zustande gebracht haben", berichtet Sandra Selinka.

Das internationale Flair weht durch die Seligenportener Klostermauern. Auf dem Parkplatz sieht man ausländische Kennzeichen. Die Firma der beiden Pferdebesitzerinnen hat ihren Sitz in Bulgarien. Dort suchen sie im Moment ein Anwesen, auf dem die künftige Musicaltruppe stationiert sein wird und von wo aus sie "durch die Welt tingeln" kann, so Toni Bauer. Doch bevor sich die Arenen der Welt für die Clydesdales öffnen, wartet erst die etwas kleinere oberpfälzische Welt: Einen ersten öffentlichen Auftritt soll es am Sonntag, 10. September, ab 11 Uhr beim Pferdefest im Kloster Seligenporten geben.

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