Getreide: Rekordernte drückt auf die Preise

25.10.2014, 11:09 Uhr
Getreide: Rekordernte drückt auf die Preise

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Ein Rekord jagt den anderen: Schätzungen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums zufolge hat die weltweite Weizenproduktion in dieser Saison mit rund 720 Millionen Tonnen die Höchstmarke des Vorjahres noch einmal übertroffen. Auch in deutschen Landen waren die Lager noch nie so voll: Einer Bundesstatistik zufolge erreicht die heimische Getreideernte einschließlich Körnermais eine Gesamtmenge von 51,8 Millionen Tonnen – auch hier ein neuer Rekord, denn das Vorjahresresultat wird um 8,4 Prozent geschlagen. Im Sechs-Jahres-Durchschnitt beträgt der Zuwachs sogar 11,4 Prozent.

Der Markt quittiert die Getreidemengen sofort: Bundesweit sind die Preise für Futtergetreide um rund zwölf Prozent zurückgegangen. Auch in der ostbayerischen Region gehen die Erlöse für die verschiedenen Getreidearten in die Knie: Für Backweizen bekommt der Landwirt in diesem Jahr gerade noch 152 Euro pro Tonne, während es im vergangenen Jahr noch 180 Euro gewesen sind (frei Haus oder Lager ohne Mehrwertsteuer). Ähnlich sieht es bei Brotroggen (131 Euro/150 Euro), Braugerste (174/195) und Futtergetreide (127/170 Euro) aus.

„Die vergleichsweise gute Getreideernte ist eine Medaille mit zwei Seiten. Weil die Märkte gut versorgt sind, gibt es eine abrupte Preistendenz nach unten“, bestätigt auch Johannes Hebauer vom Neumarkter Landwirtschaftsamt. Für die Produktion im Landkreis Neumarkt ist das keine Kleinigkeit: Die Weizenanbauflächen addieren sich immerhin auf 8000 Hektar, während die Wintergerste auf 5800 Hektar angebaut wird. Die Sommergerste überwiegend für die Bierherstellung kommt auf etwa 5200 Hektar. Dramatische Veränderungen beim Getreideanbau im Landkreis erwartet Johannes Hebauer zwar nicht, aber die Reaktionen der Erzeuger werden nicht ausbleiben. Am wenigsten wird dies bei den Landwirten der Fall sein, die das selbst angebaute Getreide im eigenen Betrieb verfüttern. Für Handelsware bekommen die Bauern deutlich weniger Geld. Als denkbare Verhaltensweise nimmt Hebauer an, dass Landwirte genau ausrechnen, welchen Aufwand sie in Zukunft beim Düngen oder beim Pflanzenschutz betreiben wollen.

Nach Einschätzung des Landwirtschaftsamtes könnten letztlich auch die Pachtpreise für Ackerland unter Druck geraten. Schließlich werde mancher Bauer überlegen, ob er Investitionen in Maschinen erst einmal zurückstellt.

Drittel-Regel zur Risikoabwehr

Traditionell wägen die Getreideanbauer genau ab, ob sie in Tiefpreisphasen ihre Felderträge auf den Markt werfen oder ob sie die Ware lieber zurückhalten. Das setzt aber die berechtigte Erwartung voraus, dass die Preise in nächster Zeit wieder steigen werden. Das Landwirtschaftsamt gibt den Erzeugern die Faustregel an die Hand, aus Gründen der „Risikoabsicherung“ je ein Drittel der Ernte sofort zu verkaufen, bis zum Herbst zu bunkern und erst einmal einzulagern.

Die durchaus spekulative Lagerhaltung stellen viele Landwirte selbst auf die Beine, indem sie das Getreide beispielsweise in Maschinenhallen oder in belüfteten Silos bevorraten und zunächst nicht zum Verkauf anbieten. Die andere Variante ist die Nutzung von fremden Lagerhäusern — was die Landwirte aber quasi an den künftigen Käufer bindet. Ein Rechenexempel ist die Fremdeinlagerung allemal, weil die Silonutzung natürlich nicht zum Nulltarif zu haben ist: Für den Doppelzentner Getreide muss der Landwirt pro Monat zwischen 20 und 30 Cent bezahlen.

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