Gewerbesteuer sprudelt in der Kreisstadt wie nie

6.12.2016, 09:00 Uhr
Gewerbesteuer sprudelt in der Kreisstadt wie nie

© Foto: Wolf-Dietrich Nahr

„Der Neumarkter Wirtschaft geht es sehr, sehr gut, wir sind dankbar dafür, dass die Unternehmen so tüchtig sind“, sagte der Neumarkter Kämmerer Josef Graf im NN-Interview. Beim Blick auf die Gewerbesteuerstatistik für 2005 bis 2016 stellt der kommunale Finanzminister zwar immer wieder Ausschläge nach unten und nach oben fest, aber der generelle Trend ist dennoch eindeutig: Die Gewerbesteuer-Überweisungen haben sich von einem Betrag unter 17 Millionen Euro auf etwa 25 Millionen Euro gesteigert. Graf: „Die Steuern laufen nach wie vor gut, und der Zuwachs ist eingepreist.“

Auch im kommenden Jahr hat die Stadt Neumarkt viel Geld aus der Gewerbesteuer zu erwarten: Kämmerer Graf rechnet mit rund 26 Millionen Euro — der größte Anteil des gesamten Steueraufkommens von knapp 60 Millionen Euro. Stark konjunkturabhängig ist auch der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der sich voraussichtlich auf knapp 22 Millionen Euro belaufen wird. Angesichts der hohen Beschäftigungsquote und einer extrem niedrigen Arbeitslosigkeit von derzeit 1,7 Prozent hat Neumarkt erst einmal wenig zu befürchten.

Bei der Dominanz der beiden Steuerarten erscheint das aktuelle Grundsteueraufkommen von 3,9 Millionen Euro eher unbedeutend. Deshalb kann der städtische Schatzmeister Graf schon einmal grundsätzlich werden: „Die Gewerbesteuer ist das wesentliche Standbein für die Kommunen, deshalb ist jede Diskussion über die Abschaffung eine falsche.“

Gewerbesteuer sprudelt in der Kreisstadt wie nie

© Foto: De Geare

Wie krisenanfällig ist das Gewerbesteueraufkommen? Was Josef Graf eher ruhig schlafen lässt, ist die sehr breit gefächerte Branchenstruktur, die von vielen mittelständischen und familiengeführten Unternehmen gebildet wird. Konjunkturelle Dellen in einzelnen Wirtschaftssektoren würden sich bei den „vielen liquiden Partnern“ im Stadthaushalt nicht so stark bemerkbar machen. Das Gegenmodell sind Kommunen, in denen wenige oder gar nur eine Firma das Steueraufkommen bestreitet. Das Beispiel Wolfsburg sieht Josef Graf mit gemischten Gefühlen: „Wenn VW hustet, dann gibt es Probleme. Eine Monopolsituation ist dann gefährlich, wenn die Gewinne wegbrechen.“

Wie viel Geld genau die Rathäuser den Betrieben abverlangen, ist ein hochsensibles Thema. Denn die Lokalpolitiker haben es selbst in der Hand, wie hoch die Gewerbesteuer sein soll: Der Stadtrat beschließt den sogenannten Hebesatz für die Gewerbesteuer, eine dreistellige Zahl, die den Multiplikator liefert für den vom Finanzamt festgestellten Betrag im Gewerbesteuermessbescheid. Klingt kompliziert, ist aber einfach: 315 bedeutet in Neumarkt, dass der Messbetrag mit dem Faktor 3,15 malgenommen werden muss. Dieser Neumarkter Gewerbesteuer-Multiplikator ist zuletzt 1977 erhöht worden und gilt als der niedrigste aller Großen Kreisstädte in Bayern.

Theoretisch könnte die Versuchung groß sein, einfach den Faktor und damit die jährlichen Steuereinnahmen zu erhöhen. Doch davon lässt das Kommunalparlament die Finger, zumal Neumarkt dem Vernehmen nach sehr hohe Rücklagen hat — und eher das Problem, das Finanzpolster für sinnvolle Projekte auszugeben. Kämmerer Graf sieht in der niedrigen Gewerbesteuer einen „politisch gewollten Ansatz“, eine „zulässige Wirtschaftsförderung“, die einen Standortvorteil darstelle.

Antizyklische Tugend

Der Steuerreichtum trägt für den Finanzpolitiker immer auch einen Fluch in sich: Die Mandatsträger könnten der Versuchung erliegen, sich mit teuren und öffentlichkeitswirksamen Projekten die Gunst der Wähler zu erkaufen. Deshalb pochen die allermeisten Kämmerer wie auch Josef Graf auf die große Tugend der öffentlichen Hand, sich antizyklisch zu verhalten: in guten Zeiten Mittel ansparen, die man in der Flaute wieder ausgeben kann. Deshalb baut Josef Graf immer eine Portion Zweckpessimismus in seine Stellungnahmen ein: „Die konjunkturelle Entwicklung verläuft nun schon lange oben, aber es wird auch wieder anders kommen.“

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