Hofreiter lässt Bauern in Freystadt abblitzen

4.12.2019, 10:25 Uhr
Hofreiter lässt Bauern in Freystadt abblitzen

© Foto: Wolf-Dietrich Nahr

Aus allen vier Himmelsrichtungen, aus Berching, Hilpoltstein, Allersberg und Neumarkt bewegten sich die etwa 300 Traktoren Richtung Freystadt, wo sie hupend und mit Blinklichtern einfuhren und sich auf dem Volksfestplatz versammelten.

Teilweise hatten die Landwirte ihre Gefährte mit Protestplakaten versehen mit Sprüchen wie "Redet nicht über, sondern mit uns", "Ackerland in Bauernhand" oder "Agrarpolitik – wir wollen mitreden".

Bauern sehen sich in Existenz bedroht

Die etwa 400 anwesenden Landwirte wollten dem Politiker der Grünen klarmachen, dass sie von der Bundes- und Landespolitik mit immer mehr und schneller aufeinander folgenden Vorschriften und Verordnungen gegängelt werden und sie sich somit in ihrer Existenz bedroht sehen. Agrarpolitik müsse sich an wissenschaftlichen Kriterien orientieren, nicht am ideologischen und populistischen Mainstream.

Hofreiter lässt Bauern in Freystadt abblitzen

© Foto: Anne Schöll

Gehofft hatten die Demo-Organisatoren um Regine Lehmeier, dass sie die Möglichkeit erhalten, an Hofreiter ein Positionspapier übergeben zu können, was dann kurz vor der Abfahrt Hofreiters möglich war. Nach dem Vortrag musste sich Gerhard Schmidt, der Ortsvorsitzende der Freystädter Gruppe, von aufgebrachten Landwirten anhören, dass er sie bei den Wortmeldungen, für die er den Fragenden das Mikrophon gereicht hat, gezielt ignoriert habe.

Der Kinosaal des Café Beck selbst, in den etwa 100 Interessierte und 50 Landwirte gekommen waren, musste zeitweise wegen Überfüllung gesperrt werden. In seinem Vortrag stellte Hofreiter klar, dass es nicht um das Fortbestehen der Erde selbst gehe. Diese habe schon ganz andere Ereignisse wie Meteoriteneinschläge oder das Auseinanderbrechen von Kontinenten überstanden.

Er sprach von zwei Problemkomplexen, die dennoch die Lebensgrundlagen bedrohen. Zum einen die Klimakrise, zum anderen die drohende sechste Aussterbekatastrophe. Dazu sagte der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, man habe keine 100 000 Jahre Zeit abzuwarten, bis sich das Ökosystem regeneriert. Ökosysteme seien Netze mit Knoten. Mit jedem Verschwinden einer Tier- oder Pflanzenart würde ein Knoten herausgeschnitten. "Irgendwann tragen uns diese Netze nicht mehr", warnt er.

Als Folge davon werde sich die Klimakrise heftiger entwickeln, als in den letzten Jahren angenommen. Starkregen und Dürre nähmen zu. Die Lebensrundlagen für die Menschen würden zerstört, wenn Gebiete durch Hitze unbewohnbar werden oder Küstenregionen im Meer versinken. Er erinnerte an das vergangene Jahr mit dem subtropischen Sommer, in dem kaum Regen gefallen ist.

Plädoyer für Öko-Energie

Die Erträge in der Landwirtschaft seien zurückgegangen. An anderer Stelle machte Hofreiter das Verbrennen von Kohle, Gas und Erdöl als Hauptursache für den Klimawandel aus. Braunkohle zur Stromgewinnung müsse ersetzt werden durch eine Kombination aus Wind, Photovoltaik, Biogasanlagen und anderen regenerativen Faktoren. Hofreiter setzt auf eine Verkehrs- und Energiewende. Die Rahmenbedingungen zu schaffen, sei Aufgabe der Politik.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurde gefragt, warum das Energiesparen nicht mehr vorangetrieben wird oder warum die Besteuerung für Rapsöl, das bisher als Kraftstoff beigemischt worden ist, angehoben wurde. Damit habe man die Rapsmühle, die in der Region betrieben wurde, kaputt gemacht.

Biogasanlagen und Monokulturen für deren Speisung oder die Herstellung von Autobatterien aus recycelten Mineralstoffen wurden angesprochen, oder Ölheizungen, die nicht von heute auf morgen ausgetauscht werden können. Der Mensch habe ein Recht auf Wärme, so die Wortmeldung, deshalb dürfe Heizöl und Diesel nicht so hoch besteuert werden.

Hier antwortete Hofreiter unter anderem, die neue Kohlendioxid-Steuer werde verwendet, um ökologische Verbesserungen zu unterstützen. Ökologisches müsse billiger gemacht werden, das andere teurer.

Ein anderer Besucher wies darauf hin, dass die Rendite für Photovoltaikanlagen nicht auslaufen dürfe oder dass die Politik steuern müsse, dass wieder mehr heimische Produkte gekauft werden.

Bürgermeister Alexander Dorr fragte nach: "Wie erkläre ich den Menschen, wenn man ihnen ein Windrad oder einen Strommasten vor die Haustür stellt?" Auch bat er Hofreiter, sich ein wenig Zeit zu nehmen für die Landwirte, die draußen warten. Mehrmals brachte Hofreiter den Hinweis, dass er mit dem Zug da sei und exakt um 20.30 Uhr weg müsse.

Der Politiker verließ den Saal durch den Hinterausgang, wo das Auto wartete, das ihn zum Bahnhof bringen sollte. Hier hatten sich auch viele Landwirte versammelt, die sich nicht wirklich wahrgenommen fühlten und reden wollten. Da wurde Hofreiter ärgerlich, gestikulierte und brüllte in die Menge, dass er zum Zug müsse, setzte sich ins Auto – und weg war er.

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