Jedes Schaf hat seine Heizung

29.11.2019, 18:00 Uhr
Jedes Schaf hat seine Heizung

© Wolfgang Fellner

Der Nebel hängt noch tief, die Luft ist feucht und kalt. Quer über die Wiese am Waldrand schallt fröhliches Kindergeschrei. Fünf Jungs, dick vermummelt und im Friesennerz, stapfen aufgeregt durchs Gras. Sie besuchen heute die kleine Schafherde von Thomas Schuster, die hier steht und völlig ungerührt von Kälte und Nässe weidet.

Begleitet werden die Kids auf ihrem Trip von Kindergartenleiterin Verena Sachs und Erzieherin Katharina Schuster; er führt sie in die Nähe von Pölling zu 45 Schafen und 30 Lämmern der vom Aussterben bedrohten Rasse Alpines Steinschaf. Die Schafe, erfahren die Kinder, brauchen keine Funktionskleidung. Die sind durch ihre Wolle von der Natur bestens ausgestattet und zwar bei jedem Wetter. Ihr Fell ist wie ein Regenmantel, den sie immer dabei haben.

Haut bleibt trocken

Das durften die Kinder auch eigenhändig überprüfen. Trotz nasskalter Witterung war die Haut des Lammes, das Thomas Schuster seinen kleinen Besuchern zeigte, am Körper warm und trocken. Unterwolle, Mittelwolle und Deckhaar sorgen dafür, dass Nässe Schafen nichts anhaben kann, erklärte Schuster, der seine Tiere artgerecht den Großteil des Jahres draußen hält.

Das führte zur nächsten Frage: Reicht der Wollmantel eigentlich auch im Winter, wenn es knackig kalt wird? Die Wolle allein hält schon kuschelig warm, das wussten die Kinder inzwischen. Aber dass jedes Schaf sozusagen einen eigenen Heizofen mit sich herum trägt, das verblüffte dann doch.

Jedes Schaf hat seine Heizung

© Wolfgang Fellner

Auf Nachfrage der  Neumarkter Nachrichten  erklärte der Leiter des Veterinäramtes Neumarkt, Dr. Kay Langner, was es mit der Schaf-Heizung auf sich hat. Schafe sind eigentlich Gebirgstiere, sagt der Veterinär. Sie sind von Natur aus für ein Leben im Freien ausgestattet.

Vier Mägen verbreiten Wärme

Neben dem Wollkleid mit der schützenden Lanolin-Fettschicht, besitzt das Schaf als Wiederkäuer auch vier Mägen. In einem der Mägen, dem Pansen, entsteht beim Verdauungsprozess Wärme, die in den gesamten Körper abgegeben wird.

Der Pansen ist wie ein persönlicher Kachelofen, sagt Langner. Und damit die Wärme den Körper nicht zu schnell wieder verlässt, ist dann auch wieder die Wolle da. Das heißt, keiner muss sich Sorgen machen, wenn Schafe auch jetzt noch im Freien gehalten werden, wenn sich viele Menschen lieber hinter dem Ofen verkriechen. Lediglich für frisch geschorene Schafe oder neugeborene Lämmer kann Wind, Nässe und Kälte gefährlich werden.

"Bescherung" im Stall

Davon kann bei Thomas Schusters Herde aber nicht die Rede sein. Die Tiere tragen ein dichtes Wollkleid und die Lämmer sind bereits im September zur Welt gekommen und zwar auf der Weide. Das sei wesentlich besser, ist Schuster überzeugt. Und seine Statistik gibt ihm recht: Kaum Verluste bei den Geburten und keine Flaschenlämmer.

Jedes Schaf hat seine Heizung

© Wolfgang Fellner

Den Tieren geht es rundherum gut. Das sieht nicht nur das geschulte Auge des Amtsveterinärs, sondern auch die Kinder freuen sich über die muntere Truppe, die zufrieden kauend über die Wiese wandert.

Dass die Herde in den nächsten Tagen jetzt doch in den Stall kommt, liegt unter anderem daran, dass die erwachsenen Schafe geschoren werden müssen. Dort bleiben sie dann etwa drei Monate, bevor sie im neuen Wollmantel wieder zurück dürfen auf die grünen Wiesen.

 

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