Kein Prunk, aber praktisch: Das Schreiberhaus ist Neumarkts ältestes Bürgerhaus

10.4.2020, 12:20 Uhr
Das Neumarkter Schreiberhaus ist ein beliebtes Fotomotiv. dabei hat es auch sehr viele innere Werte.

© Fritz-Wolfgang Etzold Das Neumarkter Schreiberhaus ist ein beliebtes Fotomotiv. dabei hat es auch sehr viele innere Werte.

Damit steht neben dem goti­schen Rathaus  ein weiterer Profanbau aus dieser Zeit, in direkter Nachbar­schaft zur sakralen St.-Johannes-Kir­che, als ein­zigartiges Denkmal im Zentrum der Neumarkter Altstadt.          

Was ursprünglich abgetragen und im Oberpfälzer Frei­landmuseum Neusath-Perschen wieder aufgebaut werden sollte, zeigt sich nach rund vier-jähri­ger Restaurierungszeit seit  Dezem­ber 2006 in neuem Glanz.

Jahrhundertealte Neumarkter Zimmermannskunst

Die im Original restaurierte Fach­werkbauweise ist seinerzeit in einer Art zimmermannsmäßigen Kunst er­stellt worden: Alles wird nur durch Ver­zapfungen und Verblat­tungen ver­bunden sowie durch Holznägel in­einander festgehalten. Die Zwi­schenräume, die sogenannten Felder oder Gefache, wurden mit Flecht­werk, Reisig und Lehm ausgefüllt. Um bedeutende historische Befunde des Hauses zu erhalten, hat man für die Sanierung die spätbarocke und klassizistische Bauphase (ab 1780) zugrunde gelegt.

Im Innern des Hauses waren einst die Gänge und der Küchenboden mit Back- oder Bruchsteinen gepflastert, die Fußböden der Wohn- und Schlafräume gebrettert und die Kel­lerräume hatten gestampfte Lehmbö­den.

Moderne Architekten könnten am Schreiberhaus etwas lernen

Früher war die Fachwerkbauwei­se die billigere Variante gegenüber Steinhäuser. Heut­zutage ist es genau umgekehrt, weshalb man schon mal Holzblenden auf das ei­gentliche Mauerwerk aufträgt und so ein Fach­werk vortäuscht.

 Kein Prunk, aber praktisch: Das Schreiberhaus ist Neumarkts ältestes Bürgerhaus

© Birgit Gehrmann

Das Schreiberhauses mit seinem Fachwerk und den verwendeten Baumaterialien hat aber nicht nur sechs Jahrhunderte und die beiden Weltkriege überdau­ert, sondern bie­tet auch heute noch so manchen fachkundigen Anschauungsunter­richt für angehende Architekten, Bau- oder Zim­mermannsleute.

Die jüdische Mikwe  wurde fast 100 Jahre lang genutzt

Eine Besonderheit stellt die im Kellergeschoss entdeckte Mikwe dar, ein rituelles jüdisches Tauch­bad,  dessen Einbau schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vermutet wird. Spätestens ab 1555, nach der Vertreibung der Juden aus allen pfalzgräflichen Gebieten, ist die Mikwe nicht mehr genutzt und wieder verfüllt worden.

Laut Grundbucheintrag sind ab 22.01.1902 Johann und Maria Anna Schreiber als Besitzer genannt, die das Haus inner­halb der Familie von einer Generation auf die andere wei­tergegeben und bis 1990 in Besitz gehalten haben. Sie verliehen dem Haus seinen heutigen Hausnamen.

Heimat des Historischen Vereins

Nun sind im Schreiberhaus zwei Traditionsvereine untergebracht: der Historische Verein mit einer vereins­eigenen Bibliothek und die Neu­markter Chevaulegers mit einem kleinen, aber feinen Museum.

Das älteste Bürgerhaus von Neu­markt /ist somit zu neuem Leben er­starkt / und zeigt uns in seiner histo­rischen Pracht, / was man hier aus solchen Kulturgütern macht.

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