Zu Bewährung verurteilt

Kinder kassierten jahrelang Prügel

23.11.2021, 15:21 Uhr

Die Sache ins Rollen brachte die heute 28 Jahre alte Tochter, die als Kind hilflos mit ansehen musste, wie ihre vier Jahre jüngere, geistig behinderte Schwester von klein auf immer wieder geschlagen wurde. Einmal wurde sie sogar gezwungen, das Schwesterchen zu ohrfeigen.

Die Misshandlungen begannen Ende der 90er Jahre und zogen sich hin bis 2010. Den Eltern wurden danach die Kinder weg genommen. Das behinderte Mädchen, jetzt auch schon 24 Jahre alt, lebt in Betreuung, die große Schwester ist wirtschaftlich selbstständig.

"Sie waren offenbar überfordert"

„Man erschrickt beim Lesen der Anklageschrift“, machte Richter Rainer Würth kein Hehl aus seiner Betroffenheit. „Sie sollten sich darüber im Klaren werden, was sie ihren Kinder physisch und psychisch angetan haben“.

Sein Eindruck: „Sie waren offenbar mit der Erziehung ihrer Kinder völlig überfordert“. Dazu kam, dass beide Eltern, um es gelinde auszudrücken, sehr konservative Ansichten über Kindererziehung zu haben scheinen, bei der Prügel kein Tabu waren.

Nach außen führte die Familie ein unbescholtenes und unauffälliges Leben, beide Elternteile haben noch keinen Eintrag im Bundeszentralregister. Bei der Strafzumessung spielte eine entscheidende Rolle, dass sie über ihre Anwälte Jürgen Mederer und Christopher Lihl einräumten, was ihnen vorgeworfen wurde. Das ersparte den Töchtern eine unangenehme, womöglich auch schmerzhafte Zeugenaussage und eine Begegnung mit Vater und Mutter, die sie so brutal behandelt hatten.

Drei Fälle der Misshandlung

Thomas Leykam als Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte für die Mutter, die sich in drei Fällen der Misshandlung schuldig gemacht hatte, eine Haftstrafe von einem Jahr, für den Vater für zwei aktenkundige Fälle einen Freiheitsentzug von zehn Monaten. In Anbetracht der langen Zeit, die zwischen den Schlägen und Quälereien und der Gerichtsverhandlung verstrichen ist, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Als Geld-Auflage schienen ihm jeweils 1000 Euro angebracht.

Die beiden Anwälte stimmten in der Beurteilung der Taten ihrer Mandanten mit Leykam überein und baten darum, die Haftstrafen zur Bewährung auszusetzen. Richter Rainer Würth verurteilte die 60-Jährige zu zehn Monaten Haft und ihren Mann zu acht Monaten, jeweils ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Bei der Geldauflage, zahlbar in Monatsraten von 100 Euro, schloss er sich der Staatsanwaltschaft an.

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