Kleine Frau ganz groß

23.7.2011, 09:17 Uhr
Kleine Frau ganz groß

© Meyer

Die Nonne ist eine feste Institution nicht nur im kirchlichen, sondern im gesamten Leben des Stadtteils. Solange es nämlich den Pöllinger Kindergarten gibt, und das sind immerhin schon 40 Jahre, ist sie sozusagen die Chefin.

Schwester Vianette stammt aus dem tiefsten Niederbayern, aus Kollbach im Landkreis Rottal-Inn. Dort kam sie 1943 zur Welt. Der Vater verdiente sein Brot als Postbote und Gemeindediener. Im Internat der Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf besuchte sie die Realschule und das Kindergärtnerinnenseminar. 1965 erfolgte die Einkleidung und der Weg zur Ordensfrau war damit vorgezeichnet.

Fäden geknüpft

Im Jahr 1971 verschlug es die junge Frau in die Oberpfalz. „Der damalige Pfarrer Johann Guppenberger suchte für den neuen Kindergarten eine Mallersdorfer Schwester. Die frühere Generaloberin, Schwester Concordia, stammte aus Pölling, und somit waren die Fäden geknüpft“, berichtete Schwester Vianette im Gespräch über ihren Werdegang. „Vom Bau des Kindergartens war ich bei meiner Ankunft beeindruckt“, erinnerte sie sich. „Und im Gasthaus Schreiber sind wir eingekehrt.“

Die Kindergartengruppen waren vor 40 Jahren noch recht groß. „Die Kinder waren damals einen halben Tag bei uns, heute zum Teil den ganzen Tag. Waren wir früher eine ergänzende Einrichtung für Familien, so sind wir heute eine Einrichtung für den ganzen Tag, damit Beruf und Familie vereinbart werden können“, zieht die Schwester Vergleiche. Kind möchte sie deshalb heute nicht mehr sein. „Es ist doch die schönste Zeit im Leben und die sollte man doch bei der Familie sein. Die Arbeitswelt hat sich aber verändert“, gesteht die Leiterin zu.

Am Ball geblieben

69 Kinder spielen und toben heute im Kindergarten. Der Lärm macht der 67-Jährigen nichts aus. Dass sich die Kinder verändert haben, auch durch die technische Entwicklung, beobachtet auch Schwester Vianette. „Ich habe geschaut, dass wir immer am Ball bleiben. Die Kinder sind heute offener für alles“, lobt sie ihre Schützlinge.

Zur Tradition geworden ist im Martinskindergarten der Martinsritt, den sie gleich zu Beginn ihres Amtsantritts eingeführt hat. Zu den kirchlichen Höhepunkten gehörte die Einweihung des Kindergartens, die 1972 der damalige Eichstätter Bischof Alois Brems vollzogen hat.

Vor vier Jahren ist der Kindergarten generalsaniert worden, so dass Schwester Vianette ihrer Nachfolgerin Andrea Sühs ein modernes Haus mit gepflegtem Außenbereich übergeben kann.

Vermissen braucht sie aber ihre kleinen Racker nicht, sie wohnt wie bisher im Obergeschoß des Kindergartens. Fabian und Matthias, Martin und Hanna aber schon, sie gehen nämlich im nächsten Jahr in die Schule und dürfen nun mit der Schwester zum Abschluss noch auf die Rosenburg nach Riedenburg fahren, wo es eine Falknerei gibt.

Fest in der Erinnerung geblieben ist ihr der heute 13-jährige Maxi, der kurz vor der Einschulung schon lesen konnte. Er entzifferte das Straßenschild „Glückstraße“ am Kindergarten und wusste prompt die Antwort darauf. „Weil hier glückliche Kinder wohnen“, strahlte er.

Für kleine Dienste steht Schwester Vianette der Pfarrei zur Verfügung. Angeschlossen bleibt sie wie bisher dem Parsberger Konvent, wo mehrere „Mallersdorfer“ beheimatet sind.

In ihrer Hauskapelle feiert Schwester Vianette immer wieder das Morgenlob und lädt zur Anbetung ein.

Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst freut sie sich schon auf den Papst-Besuch im September in Deutschland.

Dann wird sie nämlich mit ihrer Schwester, die ebenfalls Ordensfrau ist, von Speyer aus nach Freiburg fahren, um dort bei der feierlichen Messe mit dabei zu sein. Selbstverständlich mit dem Auto. „Autofahren, das mache ich nämlich gerne“, verrät sie.