Konflikt "Stromtrasse" nicht gelöst

30.10.2019, 09:29 Uhr
Konflikt

© Foto: Frank Heidler

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Draußen vor dem Feuerwehrhaus schwenkten in gelbe Warnwesten gekleidete Stromtrassengegner ihre Protestplakate gegen die Aufrüstung der Juraleitung P 53. Viele Eltern wurden dabei auch von ihren Kindern unterstützt.

Im Innern des Gerätehauses folgten zwei Fragestunden. Initiiert hatte diese Bürgermeister Martin Hundsdorfer. Unterstützt wurde er bei der Veranstaltung vom Wahlkreisabgeordneten Alois Karl.

Trotz des ernsten Themas blieb der Ton im Gespräch von 90 Bürgern, Bürgervertretern wie Stadt-, Gemeinde- und Kreisräten mit dem Hauptreferenten Markus Doll, dem Leiter der Netzentwicklung bei der Bundesnetzagentur, stets sachlich.

In seiner Einführung ging der Wahlkreisabgeordnete auf die "gewisse Notwendigkeit" ein, die es in Deutschland seit der Energiewende gebe, Entscheidungen beim Stromtransport zu treffen. Schließlich sei die 220-KV-Leitung bereits vor 81 Jahren erstellt worden. Seit dieser Zeit habe sich "Einiges getan, auch wegen der Siedlungstätigkeit". Sein Credo: "Niemand soll eine zusätzliche Belastung erleiden."

Noch sei alles im Prozesswege, also fortschreitend. Will heißen: Die Entscheidungen im Bundestag würden erst noch getroffen. Dabei habe man nicht nur den "engeren Landkreis Neumarkt im Auge". Zu bedenken gelte es auch, dass eine Industrienation wie Deutschland auch in Zukunft "ihren Status" halten wolle. Karl plädierte für eine Lösung "nicht in Kampf und Misstrauen". Niemand wolle, dass die Heimat "verschandelt" und die Zukunft der Kinder "verbaut" werde.

Bürgermeister Hundsdorfer sieht "nach einer überhasteten Energiewende" nicht mehr die Notwendigkeit für eine solche Stromtrasse. Allerdings müsse auch ein Umdenken einsetzen. "Es gibt noch 1000 Bürgerinitiativen gegen Windräder."

Für den Referenten Markus Doll führt an der off-Shore-Stromerzeugung in Norddeutschland kein Weg vorbei. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen sei das jetzige Stromnetz 2030 nicht mehr funktionsfähig. Gerade in Bayern würden in den nächsten Jahren überproportional viele Atomkraftwerke abgeschaltet. Laut einem "Szenariorahmen" der Netzagentur steige der Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 65 Prozent. Doll räumte ein, dass in weiten Bereichen der Stromverbrauch durch erneuerbare Energien abgedeckt werde. Aber eben nicht für alle. Deshalb brauche man weiter konventionelle Kraftwerke.

Laut Netzentwicklungsplan würden in Bayern 22,4 Gigawatt durch Photovoltaikanlagen erzeugt. Bis jetzt sind es nur 13 Gigawatt. Dazu noch 2,6 Gigawatt aus Windkraftanlagen (aktuell: 2,5 Gigawatt). Für eine massive Ausweitung der Windenergie sieht Doll "keine Akzeptanz" bei den Bürgern.

Aber so sehr er sich mit seiner faktenreichen Präsentation auch bemüht hat: Viele der anwesenden BI-Vertreter hat er noch lange nicht überzeugt.

So wollte eine Frau wissen, ob die 380-KV-Leitung auch höhere Strommasten bedeute. Dolls Antwort: "Ja." Eine höhere Stromspannung bedeute auch immer einen höheren Mast. Doll wurde auch auf Versuche jenseits der niederländischen Grenze mit anderen Strommasten angesprochen. Die Replik: Diese entsprächen nicht den deutschen Industrienormen.

Ziel sei es laut Doll, eine gerade bei Starkwind im Norden überlastete Stromleitung von 116 Prozent auf akzeptable 98 Prozent zu drücken. Der Fachmann für Netzentwicklung weiter: "Wir sind sehr sicher, was den Bedarf der Juraleitung betrifft."

Für Kritik sorgte ein "Extrembeispiel" in Dolls Vortrag: Um die Spitzenlast in der Metropolregion Nürnberg abzudecken, bräuchte man 700 000 Photovoltaikanlagen. Was ihm den Vorwurf von "Taschenspielertricks" einbrachte. Wer überregionale Stromautobahnen verhindern wolle, müsse, so Doll, viel mehr dezentrale Stromenergie produzieren als das bisher der Fall sei.

Absagen erteilte Doll der Gas-Verstromung zum Transport oder dem Verlegen von Stromkabeln im Kanal. Zu teuer. Die neue Juraleitung soll 2028 in Betrieb gehen.

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