Kreis Neumarkt: Milchbauer klotzt mit Riesenstall

14.4.2015, 06:00 Uhr
Kreis Neumarkt: Milchbauer klotzt mit Riesenstall
Kreis Neumarkt: Milchbauer klotzt mit Riesenstall

Noch 500 Landwirte mit Milchviehwirtschaft gibt es im Landkreis Neumarkt. Sie haben rund 15 000 Tiere in den Stallungen stehen. Mit 200 sind die Schmids schon jetzt die Größten zwischen Berg und Dietfurt. Ab Herbst, wenn die neuen Laufställe bezogen sind, werden sie einen Bestand von 580 Milchkühen aufbauen und mit den Jungtieren dann fast 1100 Schwarzbunte (Holstein-Friesien) halten. Das wird Spitze sein in der Oberpfalz, und auch in Bayern gibt es dann nur noch vier größere.

„Aber“, sagt Jürgen Schmid, als er mit den Besuchern über die Baustelle über dem Tal der Bachhauptener Laaber stapft, „in Deutschland sind wir nur ein kleines Licht“. Und er wehrt sich da auch gleich gegen den Begriff Massentierhaltung. Hell und luftig würden die beiden neuen Stallungen werden, eine Umgebung, in der sich die Tiere wohl fühlen könnten. „Denn“, so die Brüder unisono, „leistungsfähige Milchkühe hat nur der, der seinen Tieren eine gute Haltung und gutes Futter zukommen lässt.“

Seit 1984 galt die Milchquote, die zwar auf der einen Seite den Absatz des Produkts sicherte, andererseits die Bauern aber in ein Korsett zwängte, das manchen nicht gefiel und viele dazu bewegte, aufzugeben.

Seit sich abzeichnete, dass die Quote fallen würde, überlegten sich die Schmids, wie sie mit der neuen Freiheit umgehen sollten. Seit 2013 planten sie, es offensiv anzugehen. Der Weltmarkt, der nach qualitativ hochwertigen Milchprodukten aus Deutschland lechzt, half bei der Entscheidung. Im Herbst 2014 wurden die Fundamente für die Hallen gesetzt. Die größere mit 127 mal 30 Metern wurde Anfang Februar begonnen und ist bis auf die Inneneinrichtung fertig, die kleinere steht im Rohbau.

Im Herbst wird der Umzug beginnen. Durch Zukauf wollen die Matzlsberger Unternehmer die gewünschte Zahl an Milchkühen erreichen. Der Bestand wird sich dann mit den Jungtieren bei rund 1100 einpendeln. Das birgt ein Risiko. „Nein“, sagt Stefan Schmid entschieden, „vorsorglicher Medikamenteneinsatz und hohe Kosten für den Tierarzt sind nicht drin im Budget“. Hebammen müssten sie schon selber sein. Immerhin, der „Gau“, eine ansteckende Krankheit im Stall, sei weitgehend durch die Tierseuchenkasse abgedeckt.

Da Kühe nur Milch geben, wenn sie regelmäßig ein Kalb austragen, wird es auf dem Hof täglich neugeborene Kälber geben. Das und die Arbeiten vom Füttern bis zum Melken lässt sich nicht mehr allein mit Bordmitteln der drei Familien bewerkstelligen. Jetzt schon werden zwei Angestellte beschäftigt, bald würden es bis zu zehn sein, sagt Stefan Schmid, der sich nicht uneingeschränkt auf seine künftige Existenz als Manager und Büromensch freut. Er ist ja auch noch Vize-Bürgermeister, sein Bruder Trainer des SV Breitenbrunn.

Die Kälbchen bleiben drei Tage am Euter der Mutter, um spezifische lebensnotwendige Nährstoffe aufzunehmen. Dann wird die Kuh wieder in den Melkkreislauf eingebunden, während der Nachwuchs pasteurisierte Milch bekommt. Das ist nicht der gängige Weg. Die meisten großen Milchviehbetriebe lösen dafür zugekauftes Milchpulver auf, in dem pflanzliche Fette die natürlichen tierischen Fette ersetzen, die längst Butter und Käse geworden sind.

Die Bummerl, die männlichen Kälber, werden schon jetzt im Alter von zwei Wochen nach ganz Europa verkauft. Die „Mädchen“ dürfen vorerst bleiben, bis die Sollstärke von 580 Milchkühen erreicht ist. Später, so hoffen die Schmids, wollen sie selbst ins Geschäft mit jungen Milchkühen einsteigen. Die Lebenserwartung einer Milchkuh ist nicht allzu hoch. Nach zwei Jahren tragen sie ihr erstes Kalb aus. Durchschnittlich fünf werden es im Laufe ihres Lebens, an dessen Ende der Schlachthof steht.

Schutz gegen Wind und Sonne

Die Zeit davor soll ihnen, wenn es aus wirtschaftlichen Gründen schon nicht klappt mit der Weide, so angenehm wie möglich gemacht werden, finden die Brüder Schmidt. Die Stallung ist nach modernsten Gesichtspunkten geplant. An schönen Tagen kann der Wind durch die Boxen wehen. Sensoren senken Netze oder Folien, wenn es zu heftig bläst oder der Regen in den Stall zu peitschen droht. Bei starker Sonneneinstrahlung wird beschattet.

Allmorgendlich werden die Milchkühe an einen der Melkkreisel mit jeweils 50 Stationen geführt. In der großen Halle stehen vier Kuhbürsten, in der kleinen zwei dieser „Wellness-Stationen“. Das dürfte besorgte Tierfreunde etwas beruhigen, die Stefan Schmid gerne daran erinnert, wie Milchviehhaltung im armen Jura früher ausgesehen hatte. Im Winter war das Dunkelhaft in Dreck und Speck im vernagelten, stickigen Stall, damit die Bauern von der Wärme des Viehs auch was abbekamen.

Noch haben die Matzlsberger einen Vertrag mit den Bayernwerken Regensburg, früher Domspitz. Täglich liefern sie 5000 Kilo Milch zum Preis von je 31 Cent in die Molkerei. Künftig werden es 15000 Kilo sein. Derzeit sondieren die Schmids die Angebote. Die Chancen für einen guten Kontrakt sind nicht schlecht. Auch wenn das Russlandgeschäft auf Grund der Sanktionen spürbar nachgelassen hat, der Asienmarkt boomt.

Gute Haltung, gute Ernährung: Ein wichtiger Kostenfaktor ist das Futter. Obwohl die Landwirte, die in der fünften Generation den Hof in Matzlsberg bewirtschaften, mit zugepachteten Flächen auf 180 Hektar Mais, Weizen und Kleegras anbauen, reicht es künftig nicht. Sie müssen zukaufen. Und da sind die zahlreichen Biogasanlagen im Landkreis eine ernsthafte Konkurrenz.

Auf Biogas setzen aber auch die ehrgeizigen Milchbauern. In den neuen Hallen drücken Schieber Mist und Jauche in eine Rinne in der Mitte. Die Brühe fließt in eine Güllegrube und wird von dort in die Biogasanlage gepumpt. Das dort gewonnene Methan wird verstromt, der vom umweltschädlichen Gas befreite Rest kann als Dünger auf die Felder und schließt den Kreis.

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