Mächtigster Neumarkter aller Zeiten: Das Reich des Erzkönigs reichte bis Grönland

28.10.2016, 09:23 Uhr
Mächtigster Neumarkter aller Zeiten: Das Reich des Erzkönigs reichte bis Grönland

© Foto: Günter Distler

Eine ganze Veranstaltungsreihe hat es zu dessen 600. Geburtstag seit Frühjahr 2016 gegeben. Vater, Mutter, Sohn sind in Gottesdiensten, Vorträgen vorüber paradiert, am Ende steht jetzt diese von Petra Henseler und Stadtarchivar Präger kuratierte Sonderausstellung.

„Der Erzkönig aus Neumarkt“ heißt sie, und wer schon über den Titel stolpert: Christoph war zwar König erzreicher Länder, besonders von Schweden, aber das „Erz“ bedeutet wie beim „Erzbischof“ eine besonders hohe königliche Stellung in der Hierarchie unter dem Kaiser.

Und die hat Christoph sich tatsächlich erkämpft: Damit dass der dänische Reichsrat ihm nach der Absetzung seines Onkels Erich von Pommern die Krone antrug, war es nämlich nicht getan. Denn Christoph musste sich, 22-jährig, erst in den drei zur „Kalmarer Union“ gehörenden nordischen Ländern gegen den Adel, das selbstbewusste Bauerntum, die Hanse durchsetzen.

Dann regierte er acht Jahre lang und starb 1448 an einer Blutvergiftung. Seine nur zwei Jahre währende Ehe mit Dorothea von Brandenburg-Kulmbach blieb kinderlos – und so fällt dann das Kalmarer Konstrukt zusammen.

Natürlich wusste Kreisheimatpfleger Rudi Bayerl noch sehr viel mehr über diesen König aus Neumarkt. Und Bürgermeisterin Gertrud Hesslinger (in Vertretung des Oberbürgermeisters) beklagte in ihren Redebeiträgen, dass die Frauen um diesen Christoph herum noch zu wenig erforscht wären: seine Frau Dorothea, seine Mutter Katharina von Pommern. Denn die würden die Geschichte Christophs für die Einheimischen und die Touristen noch attraktiver machen und vielleicht sogar ein Thema für zukünftige „Schmankerlwochen“ abgeben: mit skandinavischem Smörrebröd.

Ihre Ausführungen führten direkt zu den Hauptexponaten der Ausstellung im Stadtmuseum: zu den Urkunden-Leihgaben aus den Archiven von Amberg und Bamberg. Bullen- und siegelbeschwert, in wunderbar klarer Kanzleischrift und zum Beispiel mit all den Details, die anlässlich der Hochzeit von Christoph und Dorothea auf der Kulmbacher Plassenburg vereinbart wurden: der Mitgift, die von 100 000 auf 30 000 Gulden heruntergehandelt wurde, der Ehevereinbarung samt Stipulierung der „Morgengabe“ an die Braut mit 15 000 Gulden, die sich aus Oberpfälzer Einnahmen speisen sollte.

Wer wissen will, wie dieser Christoph ausgesehen hat, muss sich auf Darstellungen verlassen, die erst nach seinem Tode entstanden sind. Der erste Ausstellungsraum hängt voll davon. Reproduktionen aus einer Handschrift des 16. Jahrhunderts zeigen ihn mit roten Schnabelschuhen und in modischen Beinlingen. In einem „Verzeichniß und den Conterfeyen aller Könige in Schweden“ aus Nürnberg und von 1720 sieht er wild aus wie ein Wikinger.

Wesentlich gesitteter der Lockenkopf auf dem „Conterfey“ für Dänemark – beides spiegelt auch die verschiedene Einschätzung wieder, die Christoph zu Lebzeiten genoss: ein kluger, politisch ausgleichender Kopf, sagten die Dänen, die ihn ja zum Thron verholfen hatten, ein zügelloser Säufer sagten die Schweden, die mit seiner auf Zentralismus zielenden Regierung gar nicht einverstanden waren. Als Statue an den Schlössern von Heidelberg und München sieht der junge König ziemlich alt und bärbeißig aus.

Ein ganzer Saal ist dem fernen Pfalzgrafen in seiner Verwaltung der Oberpfalz gewidmet und zeigt in Texten, Bildern, Urkunden die Regierung seiner bayerischen Stammlande.

Aber schon bei der Ausstellungseröffnung stand die wohnzimmergroße Fußbodenkarte im Mittelpunkt: Ganz Nordeuropa bis hin nach Grönland im Westen, Russland im Osten. 1598 hat sie ein Abraham Ortelius in Amsterdam gezeichnet („Theatrum Orbis Terrarum“). Von einer Vorlage des Deutschen Museums München hat das Neumarkter Stadtmuseum eine Druckvorlage gezogen, und jetzt kann das Publikum auf Christophs Reich und seinem acht Jahre währenden Ruhm herumtrampeln.

Schnell ist alles nach seinem Tode 1448 sowieso zerfallen, und auch in der Oberpfalz trat der Erbfall ein: Nächster Regent war Otto I. von Pfalz-Mosbach, und der regierte nicht mehr vom Hohen Norden aus, sondern wieder in Neumarkt.

Die Ausstellung im Stadtmuseum läuft bis zum 31. Januar 2017: Mittwoch bis Freitag und Sonntag 14 bis 17 Uhr; Eintritt: 2 Euro.

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