Nachbar angezündet: Angeklagter entschuldigt sich

3.11.2016, 13:44 Uhr
Der 64-Jährige muss sich seit Donnerstag vor Gericht verantworten.

© colourbox Der 64-Jährige muss sich seit Donnerstag vor Gericht verantworten.

Der Mann leidet seit frühester Jugend an einer Krankheit, die mit regelmäßigen Testosteron-Spritzen behandelt wurde. Er sei an jenem Tag wie im Rausch gewesen, sagt der Angeklagte. Nach der Tat - auch er selbst brannte und stürzte nach einem Gerangel mit dem Kopf auf einen Stein - lag er zehn Tage im künstlichen Koma, all dies soll seine Erinnerungslücken erklären.

Bereits im Vorfeld des Prozesses hat er dem Geschädigten 25000 Euro Schmerzensgeld zukommen lassen. Dieser leidet bis heute unter den Folgen des Brandanschlags. Um die Narbenbildung der Brandverletzungen zu kontrollieren, trägt er Spezialhandschuhe.

Seit Jahren soll der Nachbarschaftsstreit - zuletzt ging es angeblich um eine abgeschnittene Hecke im Garten der Grundstücke - schwelen, der nun vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth geendet ist: Seit Donnerstag sitzt der 64-Jährige auf der Anklagebank, versuchter Mord mit gefährlicher Körperverletzung lautet der Vorwurf.

Am 18. Januar 2016 gegen 18 Uhr soll der Mann bei seinem Nachbarn – dem Ehemann seiner Cousine – geläutet haben. Er hatte eine Axt, eine Luftpistole, und, wie die Anklage vermerkt, einen Bunsenbrenner mit Gaskartusche "in Form eines Crème-Brûlée-Brenners", dazu Universalverdünner dabei.

Die Schwurgerichtskammer kalkuliert derzeit mit vier Verhandlungstagen, um das Motiv für die Tat sowie den genauen Ablauf zu rekonstruieren. In dem kleinen Ort Seubersdorf, Ortsteil Batzhausen, soll der Nachbarschaftsstreit schon seit Jahren bekannt gewesen sein, angeblich war der 64-Jährige mit einem Großteil seiner Nachbarschaft verfeindet.

Schock erlitten

Fest steht: An jenem Abend erlitten beide Männer Brandverletzungen und wurden in Krankenhäuser in Nürnberg und München gebracht – ein weiterer Mann erlitt einen Schock. Er war herbeigeeilt und soll versucht haben, die beiden rangelnden Männer zu trennen.

Doch der Helfer, so gab er nach dem grässlichen Erlebnis bei der Polizei zu Protokoll, erinnerte sich nur an die Rauferei, was vorher an der Haustür geschehen war, hatte er nicht gesehen. Angeblich leidet der mutmaßliche Täter an einem hirnorganischen Psychosyndrom: Die Anklage geht davon aus, dass seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt erheblich gemindert war.

Teilt das Gericht nach der Beweisaufnahme diese Einschätzung, kann der Beschuldigte nach Paragraf 21 des Strafgesetzbuches milder beurteilt werden, bloße Charaktermängel reichen dafür nicht aus. Die Steigerung wäre Paragraf 20. Dieser besagt, dass jemand völlig schuldunfähig ist und dementsprechend auch von keinem Gericht bestraft werden kann. Besteht jedoch krankheitsbedingt Wiederholungsgefahr, können die Richter die Einweisung in ein psychiatrisch-forensisches Krankenhaus verfügen.

Dieser Artikel wurde um 13.45 Uhr aktualisiert.