"Guerilla-Aktion" der SPD

Neumarkt: 30er-Zonen bei Nacht und Nebel auf Straße gemalt

10.9.2021, 10:16 Uhr
Vor über 30 Jahren starteten Ursula Plankerman und Hans-Jürgen Madeisky ihre eigene Aktion "Tempo-30 für Neumarkt".

© Wolfgang Fellner, NNZ Vor über 30 Jahren starteten Ursula Plankerman und Hans-Jürgen Madeisky ihre eigene Aktion "Tempo-30 für Neumarkt".

„Das ist schon über 30 Jahre her“, sagt Stadträtin Ursula Plankermann. Da starteten sie und Hans-Jürgen Madeisky ihre eigene Aktion Tempo-30 für Neumarkt. Weil sich die Mehrheit im Stadtrat trotz langem Anschiebens der SPD nicht bewegte, kauften die beiden zwei Eimer weiße Farbe und zwei Pinsel und machten sich nachts an die Arbeit.

„Hans-Jürgen hatte das Pech, dass er gleich an der ersten Kreuzung der Polizei in die Arme lief“, sagt Ursula Plankermann. Sie und ihr Mann Klaus, der den Wagen fuhr, waren dagegen erfolgreich. Nach einer langen Nacht war der Eimer mit der Farbe leer und überall fand sich „30“ auf den Straßen, im ganzen Stadtgebiet.

Verwaltung war verschnupft

Die Verwaltung reagierte verschnupft. Mit Hans-Jürgen Madeisky hatten sie den einen, Ursula Plankermann gab freimütig zu, die zweite zu sein. Beide sollten eine Ehrerklärung der Stadt unterschreiben, erinnert sich Ursula Plankermann heute noch glucksend. Sie weigerte sich. Sie hatte sich vorher mit einem Anwalt beraten und der hatte gesagt, das Bemalen der Straße könne man maximal als Sachbeschädigung auslegen; Höchststrafe 250 Mark. „Das war mir die Sache wert.“

Im Rathaus war man nicht amüsiert – und zeigte die streitbare Rätin bei der Staatsanwaltschaft an. Ursula Plankermann hörte lange nichts, bis eines Tages ein Brief kam: „Das Verfahren war eingestellt worden“, sagt sie. Jahre später setzte sich die Erkenntnis durch, auch in Neumarkt Tempo-30-Zonen einzurichten.
Allerdings verschwendeten die sparsamen Stadtväter keinen Gedanken darauf, die Straßen auch entsprechend umzubauen. Der Bauhof stellte die Schilder auf und das war es. „Sehen Sie, Nürnberg hat viel umgebaut und hat auch deswegen kein Geld in der Kasse“, sagte Arnold Graf, der seinerzeit 1. Bürgermeister war und für den urlaubenden OB Alois Karl die Geschäfte führte, auf Anfrage der Neumarkter Nachrichten.

Entscheid aus Berlin

Da hatte nämlich das Verwaltungsgericht in Berlin entschieden, nur dann, wenn auch Zonen-Bewusstsein entstehe, handle es sich um echte Tempo-30-Zonen. Wenn also ein Gast aus dem Haus kommt und anhand der Umbauten erkennt, in einer Tempo-30-Zone zu sein. In der Folge blitzte die Verkehrspolizei aus Regensburg auch nicht in den Neumarkter 30er-Zonen, da jedes Knöllchen anfechtbar war.

Die Rechtsprechung hat sich seither geändert, in Tempo-30-Zonen, auch, wenn nicht umgebaut, wird geblitzt. Auch in Neumarkt. Auf dem Gebiet der großen Kreisstadt gibt es 670 Kilometer Straßen: Das reicht über den Feld- und Waldweg über die asphaltierte Anliegerstraße bis hin zu einem Stück Autobahn bei Frickenhofen. 350 Kilometer davon sind asphaltiert.

Tempo-Limit nicht möglich

Darunter befinden sich die Bundes- und Staatsstraßen, die Kreisstraßen und Straßen von überörtlicher Bedeutung, sagt Pressesprecher Franz Janka. Auf denen kann die Kommune laut Straßenverkehrsordnung kein Tempo-Limit vorgeben. Bleiben noch rund 190 Kilometer, auf denen genau das geht.

Gut 90 Prozent davon sind von der Stadt reguliert, hat eine Bestandsaufnahme ergeben. Das sind nicht nur Tempo-30-Zonen, sondern auch Begrenzungen auf andere Tempolimits, wie beispielsweise seit kurzem auf 20 km/h auf Höhe der Knabenrealschule.
Das mit dem Urteil aus Berlin mag schon sein, sagte Bürgermeister Graf seinerzeit. Aber wenn die Tempo-30-Schilder nur bewirkten, dass statt 70 nun 50 gefahren werde, sei doch auch schon etwas erreicht.

Dem stimmt Ursula Plankermann heute auch zu: Sie wohnt an einer Einfallstraße in die Stadt, die auch auf Tempo-30 reguliert wurde. 30 fahre da nicht jeder, sagt sie: „Aber alle sind deutlich langsamer geworden.“ Vor allem, seit Neumarkt dem Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung beigetreten wird, der seither regelmäßig seine Radarfallen aufstellt.

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