Neumarkt: Brexit hat Auswirkungen auf Unternehmen und Konsumenten

28.1.2021, 06:30 Uhr
Neumarkt: Brexit hat Auswirkungen auf Unternehmen und Konsumenten

© Foto: Gareth Fuller/dpa

Der Kunde hat die beiden Autokotflügel am 6. Januar im Online-Shop eines Teilehändlers in England bestellt. Vor dem Brexit-Jahreswechsel klingelte der Paketbote gewöhnlich schon nach 72 Stunden an der Haustür. Doch nun ist Großbritannien draußen aus der EU. Es ist Ende Januar und die Pkw-Teile sind noch immer nicht geliefert.

Zahllose unergiebige Sendungsverfolgungen im Internet, nervige Warteschleifen, falsche automatisierte Telefonansagen, ungeduldige Callcenter-Mitarbeiter: Erst die englische Beschwerdestelle des internationalen Versenders DPD räumte per Mail ein, dass es einen "beispiellosen Rückstand" bei der Beförderung gebe. Alle Lieferungen nach Deutschland seien erheblich verzögert. Ein Lieferdatum könne nicht genannt werden.

Kein Interesse am UK-Geschäft

Tatsächlich scheint der Brexit in einigen Branchen und Logistik-Sparten zu einer Totalblockade der Warenströme geführt zu haben. So berichtet Dominique Mommers von der IHK Regensburg von Speditionen, die derzeit keinen Versand nach Großbritannien anbieten. "Man hört: Das UK-Geschäft mache ich gar nicht, wenn ich drei Tage mit der Zollabwicklung beschäftigt bin", sagt die Leiterin der internationalen IHK-Abteilung. Auch in der Mail der DPD-Beschwerdestelle ist von der "Einstellung unserer internationalen Dienstleistungen" die Rede.

Dabei ergeben sich nach IHK-Einschätzung die Probleme als Folge des Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union eher nicht auf deutscher Seite. Viele hiesige Unternehmen hätten in Erwartung von Lieferschwierigkeiten vor Jahresfrist ihre Lager aufgefüllt, berichtet Dominique Mommers. "Bei uns ist nicht das große Chaos ausgebrochen." Zudem habe sich das Regensburger Hauptzollamt schon Monate vor dem faktischen Brexit auf alle möglichen Fallgestaltungen eingestellt.

UK-Handelspartner schlecht vorbereitet

Vielmehr sind es nach Informationen der Regensburger IHK die Handelspartner und Transporteure auf der britischen Insel, die sehr schlecht auf den EU-Ausstieg ihres Landes vorbereitet gewesen seien.

Allüberall ist von Schwierigkeiten im wirtschaftlichen Austausch mit Großbritannien zu hören. Ein Marktbeschicker des Neumarkter Wochenmarktes bedauert, dass er nicht die gewöhnte Auswahl an frischen und geräucherten Fischen anbieten könne. Lieferungen aus Großbritannien seien ausgeblieben.

Die Neumarkter Online Schreibgeräte GmbH macht einen sehr geringen Teil ihres Umsatzes mit dem britischen Zweig des Versandunternehmens Amazon. Von Verzögerungen bei der Lieferung nach England ist allerdings nichts bekannt. "Die Verzollung bedeutet deutlich mehr bürokratischen Aufwand, den bezahlt uns keiner", sagt Juniorchef Alexander Batsch.

Lieferungen fallen aus

Auch bei der Zulieferung von Produkten aus dem englischen Wirtschaftsraum gibt es seit dem Jahreswechsel bei hiesigen Produzenten Schwierigkeiten. Die Neumarkter Peku Folien GmbH bezieht aus Großbritannien Verschlüsse für Kunststoffbeutel und einen Teil des Polyethylengranulats für die Kunststoffherstellung. Den Ausfall von Lieferungen hat Geschäftsführer Gerd Fricke schon vorhergesehen und stattliche Lager angelegt, so dass die Produktion nicht gefährdet ist. Neben der ausbleibenden Ware hat die Verknappung der Güter durch Lieferschwierigkeiten aus England noch eine andere Wirkung: Innerhalb weniger Wochen seien deutliche Preiserhöhungen eingetreten.

Zu den zollrechtlichen Auswirkungen des Brexit wird die IHK am Donnerstag, 4. Februar, von 10 bis 12 Uhr ein kostenloses Webinar durchführen. Anmeldung unter www.ihk-regensburg.de/Veranstaltungen.

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