Neumarkter Bierdurst bezahlte die Bildung

9.4.2020, 12:59 Uhr
Der neue Kinderhort an der Bräugassenschule: Für ihn musste keine Sondersteuer erhoben werden.

© Foto: Nicolas Damm Der neue Kinderhort an der Bräugassenschule: Für ihn musste keine Sondersteuer erhoben werden.

Das Schulgebäude dominiert die Gasse zurecht, ist es doch das älteste Schulhaus der Stadt, in dem auch noch heute Kinder unterrichtet werden und das seit 157 Jahren.

Wie kam es dazu? Als erster Staat hatte das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken schon 1592 die allgemeine Schulpflicht eingeführt, doch dauerte es in Bayern noch über 200 Jahre, bis es  eine Verordnung zur allgemeinen Schulpflicht gab.

Gravierende Mängel in der Bildung

In Neumarkt wurde im Jahr 1839 eine Volksschulvisitation durchgeführt, bei der gravierende Mängel zu Tage traten. Die Königliche Regierung empfahl, den Unterricht der Mädchen in die Hände der „Armen Schulschwestern“ zu legen, damit die übrigen Lehrer ausschließlich die „Knaben“ in der benachbarten Knabenschule unterrichten konnten.

Der Magistrat war zunächst wenig angetan von diesem Vorschlag, fürchtete man doch erhebliche Kosten auf sich zukommen.

Die Armen Schulschwestern hatten Ansprüche an ihr Neumarkter  Quartier

Erst 1840 lud man nun doch die Ordensgründerin der Armen Schulschwestern, Maria Theresia Gerhardinger aus Stadt am Hof, ein und zeigte ihr verschiedene Lokalitäten, in denen die Schwestern wohnen und  die Schülerinnen unterrichten sollten.

Neumarkter Bierdurst bezahlte die Bildung

© NN-Archiv

Wenig angetan zeigte sie sich von einem Gebäude in der Klostergasse, ehemals Waaggasse, in dessen Erdgeschoß die Stadtwaage untergebracht war. Bei einem weiteren Gebäude am Hofplan monierte sie einen fehlenden Hof und Garten. Auch befürchtete man sicher die Lärmbelästigungen und Ablenkungen der weiblichen Jugend durch die vorbeiziehenden Chevaulegers.

Ein am Stadtgraben gelegenes Haus scheiterte wegen des Gestankes, das aus dem Stadtgraben in das Haus drang. Man fürchtete um die Gesundheit der Mädchen. So vergingen die Jahre.

1851 machte die Kirchenverwaltung einen Vorstoß und beschloss, pro Jahr 100 Gulden  aus Stiftungsmitteln für das Projekt bereitzustellen.

Die Gemeinde Helena verpflichtete sich für den Unterhalt Holz zu liefern und schließlich stiftete der Kaufmann Di Bell 5000 Gulden, um eine passende Lokalität kaufen oder mieten zu können. Nun konnten die Schwestern zunächst in einem Gebäude in der Schwesternhausgasse, einige Zeit später durch Vermittlung des Hechtenwirtes im ehemaligen Kapuzinerkloster unterkommen.

Eine Biersteuer brachte das notwendige Geld herein

Doch erst 1860 hatte man mithilfe des „Bierpfennigs“, einer eigens zu diesem Zweck eingeführten Biersteuer, genügend Geld, um in der Bräugasse  - ehemals Pfaffengasse - mehre zusammenhängende Gebäude erwerben zu können.

Neumarkter Bierdurst bezahlte die Bildung

© Angelika Trummer

Die Einweihung des Gebäudekomplexes fand am 23. Juli 1863 statt und wurde feierlich begangen. So verhalf das gute Neumarkter Bier den Mädchen in unserer Stadt zu einer adäquaten Bildung.

In der Zeit des Nationalsozialismus durften die Armen Schulschwestern keinen Unterricht mehr erteilen, auch diente die Schule in Kriegszeiten als Lazarett und wurde schließlich im Bombenhagel 1945 ziemlich zerstört. Bereits 1947 konnte der Schulbetrieb in dem aus Ruinen aufgebauten Gebäudes wieder aufgenommen werden. Die letzten Schulschwestern verließen 2014 unsere Stadt.

 

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