Neumarkter Blick auf Schulen im Corona-Modus

10.1.2021, 10:39 Uhr
Neumarkter Blick auf Schulen im Corona-Modus

© Foto: Roland Fengler

nordbayern.de hat in Neumarkt  bei einem Schulleiter, einem Lehrer, einem Elternbeiratsvorsitzenden, einem Verbandsvertreter und einer Schülersprecherin nachgefragt, was sie unter anderem zu den Problemen mit der Lernplattform Mebis und den abgesagten Faschingsferien sagen.

Neumarkter Blick auf Schulen im Corona-Modus

© Foto: Claudia Lehner

Der Schulleiter Bernhard Schiffer vom Willibald-Gluck-Gymnasium: "Wir haben am Dienstag vom Kultusministerium eine E-Mail bekommen, dass wir Mebis nur zaghaft benutzen sollen. Das WGG hat für das Einloggen ein Zeitfenster ab 8.45 Uhr bekommen. Es wird also synchrone Unterrichtsphasen mit Echtzeit-Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern geben und asynchrone Phasen. Ein guter Mix ist das Beste, sonst bricht alles zusammen.

Wochenplan geht am Montag raus

Unsere Lehrer werden den Schülern am Sonntag einen Wochenplan mit Arbeitsaufträgen schicken und jeden Morgen um 9.30 Uhr über den Messenger-Dienst ,Homeworker’ bei den Schülern nachfragen, ob alles klar ist. Wir haben also eine klare Struktur am WGG."

Die Streichung der Faschingsferien hält Schiffer "nur dann für sinnvoll, wenn Präsenzunterricht stattfinden kann, denn nur dann kann Stoff aufgeholt werden. Natürlich wünschen sich die Schüler und Lehrer eine Pause, aber die Weihnachtsferien waren ja schon ziemlich lang. Ganz so falsch ist die Streichung also nicht."

Lehrer Alois Dorner fährt dreigleisig

Der Lehrer Alois Dorner von der Neumarkter Mittelschule West: "Distanzunterricht ist nicht die beste Lösung, aber ich fühle mich damit sicherer. Die spannende Frage ist halt, ob Mebis funktioniert. Ich werde bei meinem Unterricht deshalb dreigleisig fahren: Mebis, E-Mail und Telefon

. Ich bin zu bestimmten Zeiten präsent, damit die Schüler Fragen stellen können. Mein Ziel ist, dass wir in die Gänge kommen, dass die Lernkultur gewahrt bleibt. Ich fange um 8.30 Uhr an und unterrichte in Gruppen.

"Das stehen wir schon durch"

Mit der Streichung der Faschingsferien kann ich gut leben, das stehen wir schon durch. Die wichtigere Frage ist: Was wird mit den Zwischenzeugnissen?

Vielleicht wäre ein Wortgutachten ohne Noten besser. Ich würde das Zwischenzeugnis ganz weglassen."

Eltern kritisieren fehlende Standards

Der Elternbeiratsvorsitzende Tareq Weinhold vom Ostendorfer-Gymnasium: "Die Probleme mit Mebis zeigen, dass es einfach nicht möglich ist, in ein paar Wochen nachzuholen, was in Jahrzehnten bei der Digitalisierung versäumt wurde. Am meisten ärgert mich, dass es an Standards für die digitale Kommunikation fehlt. Jede Schule macht es anders, da fehlen einheitliche Strukturen.

Die Lehrer arbeiten zum Großteil an ihren Privat-PCs, datenschutzkonform ist das nicht. Die Schule ist aber im Prinzip der falsche Ansprechpartner für die Kritik, die Lehrer geben meist alles. Wir haben zwar im Moment eine absolute Ausnahmesituation, aber man hätte den Sommer besser nutzen können.

Elternbeirat per Videokonferenz

Auch wir Elternbeiräte werden in puncto Digitalisierung völlig vergessen. Ich musste mir eine Lehrerlizenz schnorren, um Elternbeiratssitzungen als Video-Konferenz organisieren zu können.

Wir Eltern haben auch noch keine Infos von der Schule bekommen, wie es am Montag weitergeht. Es macht sich zudem keiner Gedanken, was mit dem Sozialleben der Schüler ist. Das fällt auch hinten runter. Die Schüler organisieren das halt über WhatsApp.

Dass die Faschingsferien ausfallen, ist für die Lehrer sehr unbefriedigend. Ich kann nur hoffen, dass die motivierten Lehrer das wegstecken und dranbleiben."

BLLV: Mangel an vernünftiger Hard- und Software

Der Verbandsvertreter Albert Semmler vom Kreisverband Neumarkt des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Lehrer an der Mittelschule Parsberg: "Dass es mit Mebis Probleme geben wird, war mir klar. Die Lernplattform war ja nie für Distanzunterricht gedacht und ist eben kein Videokonferenzsystem. Es fehlt an einer vernünftigen Hard- und Software und einheitlichen Kommunikationsstrukturen, die Schulen können sich auf nichts einstellen.

Manche Landkreise, zum Beispiel Schwandorf, Neustadt an der Waldnaab, Weiden und Tirschenreuth, haben mit ,BigBlueButton’ ein Videokonferenzsystem organisiert, der Landkreis Neumarkt leider nicht.

"Erholungsphase dringend nötig"

Zur Streichung der Faschingsferien: Es ist eine Unverschämtheit, das auf dem Rücken der Lehrer auszutragen und so zu tun, als ob die jetzt weniger zu tun haben. Das Gegenteil ist der Fall. Die Lehrer haben sich im letzten Dreivierteljahr intensiv eingearbeitet und tun ihr Bestes. Die Erholungsphase ist dringend nötig, sonst brechen die Lehrer zusammen. Mir tun auch die Schulleiter leid, die das alles umsetzen müssen, die sind nicht zu beneiden.

Man sollte jetzt den Lehrplan genau überprüfen, was nötig ist und was nicht. Das mit den Leistungserhebungen funktioniert ja derzeit auch nicht wirklich. Vor allem für die Abschlussschüler muss eine Regelung gefunden werden. Oberste Priorität muss aber die Gesundheit haben, dann kommt die Bildung."

Schülersprecherin Kristyna Himmel ist kein Fan von Distanzunterricht

Die Schülersprecherin Kristyna Himmel, Zehntklässlerin am Willibald-Gluck-Gymnasium: "Die meisten Schüler sind kein Fan von Distanzunterricht, vor allem wegen der Probleme mit Mebis. Die meisten Lehrer erteilen uns Arbeitsaufträge, das ist eintönig, da verliert man die Motivation.

Wir wünschen uns mehr Informationen und Aktivitäten von den Lehrern. Videokonferenzen wären schon besser. Viele Lehrer haben aber technische Schwierigkeiten, zum Beispiel keine Kamera am PC. Ich persönlich hatte noch nie eine Videokonferenz. Es ist auch nicht fair, wenn die Lehrer auf pünktliche Abgabe der Aufgaben drängen, obwohl die Lernplattform länger nicht erreichbar ist."

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