Dachstuhl ist Mutter aller Sorgen

Neumarkter Hofkirche ist eine Baustelle - mindestens ein Jahr lang

29.7.2021, 08:23 Uhr
Pfarrer Stefan Wingen steht in der Glockenstube. 

© Hauke Höpcke, NNZ Pfarrer Stefan Wingen steht in der Glockenstube. 

Alles muss sich ändern, damit es bleibt wie es ist. Dieser Satz des altsiziliainischen Adligen aus dem Roman "Der Leopard" von Giuseppe Tomasi di Lampedusa gilt auch für die Hofkirche. Im Idealfallbemerkt man in zwei Jahren gar nicht, dass sie saniert wurde. Die Hofkirche wird aussehen wie vorher, nur frischer.

Das Farbbild bleibt erhalten. Die neuen Dachziegel gleichen den jetzigen und sogar die Kirchturmspitze erhält ein Dach aus vorgewittertem Kupferblech, damit sie in gewohntem mattgrün schimmert und nicht golden glänzt.

Statiker Stefan Grabmann zeigt mit der Taschenlampe die kritischen Stellen im Dachstuhl über dem Kirchenschiff.

Statiker Stefan Grabmann zeigt mit der Taschenlampe die kritischen Stellen im Dachstuhl über dem Kirchenschiff. © Hauke Höpcke, NNZ

Doch die Fassade ist in diesem Fall tatsächlich nur Fassade. Die grundlegenden - und auch teureren - Arbeiten bleiben tatsächlich von außen unsichtbar. Die Kirchturmstube über den Glockenstuhl ist marode, der Dachstuhl der Kirche muss dringend erneuert werden, die Mauern haben Risse über den Fenstern.

Das gesamte Jahr 2020 haben das Architekturbüro Distler und das Statikbüro Lerzer die Hofkirche vermessen, die Schäden kartiert und auf dieser Grundlage eine Kostenschätzung aufgestellt. 740.000 Euro wird die Generalsanierung des Kirchturms voraussichtlich kosten. Für das Kirchenschiff sind weitere 175.000 Euro fällig.

Der Kirchturm ist schon eingerüstet

Der bis zu seiner Spitze 53,5 Meter hohe Kirchenturm ist schon eingerüstet. Bis Anfang Dezember soll dort alles fertig sein, sagt Architekt Hubert Distler

In den letzten Kriegstagen war die turmspitze so stark beschädigt worden, dass über dem Glockenstuhl eine Turmstube errichtet wurde. Nicht aus Holz, sondern in Beton. Nach 70 Jahren ist eine Sanierung dringend notwendig, damit die Luftfeuchtigkeit nicht die Armierung korrodiert. Wegen der Mauerrisse wird der Turm an zwei Punkten zusammengespannt. Auf die Spitze kommt ein neues Kupferdach.

Der Turm der Hofkirche ist bereits eingerüstet. 

Der Turm der Hofkirche ist bereits eingerüstet.  © Hauke Höpcke, NNZ

Die Glockenanlage bekommt eine Generalüberholung. dabei werden auch die Ausschlagwinkel des Geläutes der einzelnen Glocken neu eingestellt - aus statischen Gründen, nicht aus klanglichen. Dafür ist eine Schwingungsmessung des Kirchturmes nach der statischen Danierung notwendig. zudem wird die Steueruhr der Kirchturmuhr modernisiert.

Der Dachstuhl verformt sich und drückt auf die Mauern

2022 ist das Langhaus mit den Seitenschiffen, dem Chorraum und der Sakristei an der Reihe. Auch dort ist der Dachstuhl die Mutter aller Sorgen. Der historische Kehlbalkendachstuhl ist zuletzt 1987 renoviert worden. Damals hat man nur die Zugpunkte gesichert, die Sparren aber nicht an die Deckenbalken angeschlossen. Die Folge: der Dachstuhl hat sich weiter verformt. und drückt auf die Mauern, was zu Rissen bei den Fenstern führt. Nun werden schadhafte Balken ausgetauscht, ebenso wie die lattung unter den Ziegeln

Kirchenpfleger Richard  Willjung, Ralph Lutz vom Diözesanbauamt, Pfarrer Stefan Wingen, Architekt Hubert Distler und Statiker Stefan Grabmann besichtigen den Dachstuhl der Hofkirche.

Kirchenpfleger Richard  Willjung, Ralph Lutz vom Diözesanbauamt, Pfarrer Stefan Wingen, Architekt Hubert Distler und Statiker Stefan Grabmann besichtigen den Dachstuhl der Hofkirche. © Hauke Höpcke, NNZ

Etwa 2,5 Millionen Euro wird die Sanierung der Hofkirche kosten. Wenn die Schätzung hält. Die Ausschreibung von Dacheindeckung und Zimmerarbeiten für das Kirchenschiff wurde vertagt in der Hoffnung, dass sich die überschäumende Baukonjunktur in den kommenden Jahren beruhigt. . Dier Zuschuss der Diözese beträgt 2,1 Millionen. "Ohne dies könnten wir den Bau gar nicht leisten", sagt Pfarrer Wingen. Trotzdem bleibt es Kraftakt. Spenden sind notwendig.

Die Glocken schweigen

In der dritten Augustwoche wird das Geläut abgestellt, die große Stimmglocke ist schon außer Betrieb. Anfang Dezember können die Glocken wieder schlagen. Im kommenden Jahr steht ein Gerüst in der Kirche. In dieser Zeit sind dort an den Nachmittagen keine Messen für Verstorbene möglich. Sie finden am Friedhof statt.

Der Baustellenlärm ist weitergewandert aus der Klostergasse zum Residenzplatz, wo neben der Hofkirche auch das Amtsgericht saniert und die Hochschule gebaut wird. "Es ist großartig, wie das Schlossviertel prosperiert und wir daran teilhaben dürfen", sagt Pfarrer Wingen.

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