Strohballenbau im Kloster

Plankstetten: Die Mönche nehmen die Schöpfung ernst

20.10.2021, 12:12 Uhr
Der Strohballenbau in Plankstetten ist innovativ. Foto: Fellner

© NN Der Strohballenbau in Plankstetten ist innovativ. Foto: Fellner

Das Tragische ist: Der Gast sieht es nicht. Gut, im Aufzug gibt es eine Wand, die überquillt vor Stroh. Ein schönes, warmes Bild. Und in den Gästezimmern gibt es ein vermeintliches Guckloch hinter den Putz, in dem auch Stroh zu sehen ist. Aber es ist das Schicksal des größten Strohballenbaus Süddeutschlands, dass der Dämmstoff Stroh aus Feuerschutzgründen komplett hinter Brandschutzwänden verschwinden musste.

"Sie werden arg enttäuscht sein, im Holzstrohhaus ist alles schon verbaut", sagt Frater Andreas denn auch, der Cellerar des Klosters. Vor seinem Eintritt ins Kloster war er Betriebswirt und Bankkaufmann, erzählt er, jetzt hüte er die Kasse des Konvents, managt die Generalsanierung der Abtei "Ich kümmere mich hier um das nicht vorhandene Geld", sagt er und beginnt die Führung mit einem Vortrag mit vielen Bildern im Klostersaal.

Bretter aus dem Klosterwald

Anschließend geht es vor eine große Stellwand vor der Klosterkirche. Hier ist zu sehen, wie das neue Gästehaus samt Kindergarten und Räumen für die Pfarrei gedämmt worden ist. Es sind große Holzgevierte, zwischen die Stroh gepresst worden ist. Die Bretter stammen aus dem Klosterwald, das Stroh kommt von den Feldern des Klosters, die ökologisch bewirtschaftet werden.

In den Gästezimmern sind heimische Materialien verarbeitet. Foto Fellner

In den Gästezimmern sind heimische Materialien verarbeitet. Foto Fellner © NN

Der Bruder Landwirt war nicht begeistert von der Idee, sagt Frater Andreas lächelnd, braucht er doch das eh schon rare Stroh für die Tierhaltung im Klostergut Staudenhof. Trotzdem: Das Holz wurde geschlagen, das Stroh zu 2500 Bündeln gepresst. Mit einer Stopfmaschine befüllten die Arbeiter 100 Strohbauteile. Es war eine zähe Arbeit: Die Maschine war ein Prototyp, immer wieder hakte es. Was der Stimmung nicht förderlich war: "Ich gebe auf, das wird doch nie was", sagte eines Tages einer der Mitarbeiter entnervt.

Hohe Brandchutzauflagen

Es war nicht nur die Arbeit, sondern auch der Brandschutz, der immer wieder zum Spagat zwang. Für ein Gästehaus gelten hohe Auflagen. Sollte ein Brand ausbrechen, müssen die Besucher noch genügend Zeit haben, das Gebäude zu verlassen. Deshalb ist das Treppenhaus auch aus Beton.

Eines der Strohelemente wurde einem Brandtest unterzogen: 90 Minuten lang hielt man mit einem Gasbrenner drauf. Das Stroh begann zu kokeln, zu glimmen. Weil es aber eng verdichtet ist, wenig Sauerstoff vorhanden ist, brannte es nicht ab, sagt Frater Andreas. Es verlor gut die Hälfte an Volumen, hielt den Flammen aber stand.

Der Baubeginn stand unter keinem guten Stern. Das neue Haus entstand an der Stelle der alten Schulturnhalle, die hinter dem Kloster am Berghang stand. Als die Turnhalle weg war und die Arbeiten beginnen sollten, setzte sich der Hang in Bewegung. Um ihn zu stabilisieren, mussten Keller- und Erdgeschoss aus Betonteilen gefertigt werden. Die liegen nun wie ein L im Hang und halten diesen.

Es waren 256 Bäume

Auf dem Kellergeschoss liegt eine Betondecke, über dem Erdgeschoss des 60 Meter langen und zehn Meter breiten Gebäudes findet sich eine Holzbalkendecke. 256 Balken sind es - das waren einmal 256 Bäume, sagt Frater Andreas und zeigt in einem der 30 Zimmer nach oben: Da sieht man die hellen Stämme. Weil es Mondphasenholz ist, sagt der Mönch, halten sich die Risse in Grenzen. Die 100 Strohbauteile verstecken sich der West- und Ostfassade und dämmen das Dach.

Auch das Parkett stammt aus dem Klosterwald, auch hier nahmen die Mönche Fichtenholz. Das hat eine einfache Erklärung: Im Klosterwald stehen nur Fichten. Die Mitarbeiter, sagt Frater Andreas, fürchten nur, dass sich das helle Fichtenholz auf Dauer nicht ordentlich reinigen lässt. Da hat er weniger Bedenken, "das ist halt Patina".

Die Zimmer sind schlicht eingerichtet, gerade Linien und gedämpfte Farben dominieren. In jedem findet sich ein großes Bild, das eine Szene aus dem Klosterleben zeigt. Von der Bäckerei über den Hofladen hin zum Staudenhof, aus dem Leben der Mönche. Bewusst in Sepia gehalten, gedämpft, zum Herunterkommen. Übernachten werden hier in naher Zukunft Tagungsteilnehmer oder Gäste des Klosters.

"Wir brauchen kein Styropor"

Die Abtei ist einer von fünf Teilnehmern des europäischen Projektes Up Straw, das versucht, die Nutzung von Stroh als Baustoff zu fördern. "Wir brauchen kein Styropor", sagt Frater Andreas. Das Stroh binde Kohlendioxid. Im Vergleich zu einem Massivbau sind es in Plankstetten 97 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent. Das Kloster, das komplett auf Bioland umgestellt hat, wollte diesen Anspruch auch beim Neubau umsetzen.

Frater Andreas informierte über die Strohbauweise im Kloster Plankstetten. Foto Fellner

Frater Andreas informierte über die Strohbauweise im Kloster Plankstetten. Foto Fellner © NN

Die Mönche würden in ihren Gebeten und Liedern die Schöpfung Gottes preisen, sagt Frater Andreas: "Wir können nicht scheinheilig Lieder auf unseren Schöpfer singen, und die Natur leidet unter unserem Tun." Man sei es leid gewesen, die Böden mit Herbiziden und Fungiziden zu verpesten.

Und zu den Stimmen, die zu Beginn des Baus laut wurden und ihnen Naivität vorwarfen, sagt Frater Andreas: "Wir sind nicht naiv, wir vertrauen auf Gott." Am 1. April 2022 jedenfalls wird das Haus St. Wunibald, wie es heißt, eingeweiht.

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