Pöllinger fühlen sich im eigenen Bürgerhaus ausgegrenzt

14.8.2020, 06:46 Uhr
Pöllinger fühlen sich im eigenen Bürgerhaus ausgegrenzt

© Foto: Helmut Sturm

"Seit fast sieben Jahren kämpfen wir Pöllinger Vereine und ehrenamtlich tätige Bürger um unseren Treffpunkt in der Ortsmitte", holt der Pöllinger CSU-Stadtrat und Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Richard Graf weit aus und schildert den Verlauf des Projektes.

Mehrere "Baustellen" wurden zusammengefasst: die Renovierung der alten Schule, der Platz um die Kirche St. Martin und der Schule und der Bürgertreff. Um die 34 Pöllinger Vereine und Gruppierungen engagierten sich bei der Planung ihres Bürgertreffs. Ihre Ideen und Vorstellungen finden sie in dem von der Stadt neu vorgestellten Konzept kaum wieder.

Nach dem Stadtratsbeschluss 2019 befasste sich das Bauamt und das Amt für Nachhaltigkeit mit der Umsetzung. Ganz aus den Schlagzeilen kam der Bürgertreff in Pölling während der ganzen Zeit nie. Von ausufernden Kosten (7,5 Millionen Euro) bis zu überdimensioniert war immer wieder die Rede.

Gesamtkonzept für den Betrieb

Ralf Mützel als Leiter des Amtes für Nachhaltigkeit entwickelte mit seinem Team im Auftrag des OB ein Gesamtkonzept für den Betrieb. Durch die Dimension des Gebäudes und die Rahmenbedingungen der finanziellen Förderung war Mützel an bestimmte Vorgaben wie die Zugängigkeit des Hauses für alle Neumarkter und den ehrenamtlichen Charakter des Betriebes gebunden.

Daran stören sich die Pöllinger nicht, wie Richard Graf als Sprachrohr der Vereine und Gruppen ausdrücklich feststellt. Jedoch als sehr befremdlich fand er wie auch Christa Rupp von der Eine-Welt-Schatzkammer, Monika Lehmeier und Ingrid Koller als ehrenamtliche Betreuerinnen der Bücherei, dass sie weder in Gespräche noch in Planungen zur Gestaltung des Projektes einbezogen wurden. "Wir Vereine und Ehrenamtliche fühlen uns komplett ausgegrenzt – keiner spricht mit uns", war das Fazit.

Einer der Hauptkritikpunkte ist die Raumeinteilung im neuen Haus des Engagements. Auf den 140 Quadratmetern des Erdgeschosses waren ursprünglich einmal ein Büro für die Verwaltung des Hauses, die Bücherei und die Eine-Welt-Schatzkammer vorgesehen. Im neuen Plan nimmt die Verwaltung aber die Hälfte des Erdgeschosses ein.

Verkaufsladen im ersten Stock

Für den Leiter sei ein eigenes Büro eingeplant und die weiteren Flächen im Parterre sind für eine Leseecke und einen EDV-Bereich für Besucher vorgesehen. "Wir kommen bei dieser Planung überhaupt nicht mehr vor", entrüsten sich die ehrenamtlich tätigen Frauen der Bücherei, Ingrid Koller und Monika Lehmeier. Die Bücherei soll bleiben, wo sie ist, in der Charité, neben dem Pfarrhaus.

Und die Eine-Welt-Schatzkammer soll in den ersten Stock ziehen. "Ein Schock", sagt Christa Rupp. "Ein Verkaufsladen im ersten Stock, das ist doch unmöglich", sagt sie. "Wo bleibt die Barrierefreiheit?" Man sei zwar kein auf Gewinnmaximierung ausgerichtetes Unternehmen, trotzdem spende man aus den Erlösen jährlich bis zu 3 000 Euro für gemeinnützige Organisationen. "Dafür müssen die Menschen aber bei uns einkaufen – in den ersten Stock kommt niemand, schon gar nicht die älteren Mitbürger", bedauert Christa Rupp.

Kritik auch an Namensgebung

Richard Graf und seine Mitstreiterinnen freuen sich auf das Haus, darauf legen sie großen Wert. Sorgen machen sie sich wegen ihrer Ausgrenzung bei der Gestaltung. Die Namensgebung als Haus des Engagements finden sie nicht gelungen und künstlich. Es fehlt ihnen der Bezug zu Pölling. Dass das Haus für alle Neumarkter offen sein soll, begrüßen sie ausdrücklich. Genauso wenig betrachten sie es als Problem, dass keine feste Zuweisung für Räume an Vereine erfolgen wird.

1. Bürgermeister Markus Ochsenkühn sieht indes nicht so schwarz. Er setzt auf konstruktive Gespräche mit der Verwaltung. Richard Graf und seine Mitstreiterinnen aus der Eine-Welt-Schatzkammer und der Bücherei hoffen auf etwas mehr Gehör in der Verwaltung für die Wünsche und Anregungen der Pöllinger Vereine.

Lockere Gesprächsmöglichkeiten hätte es bei der Grundsteinlegung und beim Richtfest gegeben. Beides fand offiziell nicht statt. Jetzt hoffen sie auf eine gebührende Einweihung des Hauses. 

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