Rauchverbot: Viele Wirte verbessern Umsatz

6.8.2011, 08:17 Uhr
Rauchverbot: Viele Wirte verbessern Umsatz

© Karlheinz Daut

„Wir haben 50 Jahre warten müssen, bis wir eine ordentliche Raumluft bekommen haben“, sagt Giuliano Lentini. Seit 1965 gibt es seine Pizzeria Venezia in der Neumarkter Kastengasse. Er hat die „ganze Aufregung“ um das Rauchverbot nie verstanden angesichts der klaren Regeln, wie sie beispielsweise in Italien seit langem gelten. Und Gastwirt Lentini freut sich ein Jahr später in seinem Lokal über ein Umsatzplus bei Pizza und Pasta. Von negativen Auswirkungen auf das Geschäft könne jedenfalls überhaupt keine Rede sein.

Das sieht der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband allerdings ganz anders. Gemeinsam mit zwei Rauchervereinigungen hat die Wirteorganisation jetzt eine Studie des Münchner Instituts für Marktforschung (MIFM) vorgestellt. 410 Betreiber von Bars, Bistros, Coffee Shops, Discos, Gaststätten und Kneipen waren befragt worden — zu 70 Prozent Kleingastronomie bis zu 99 Quadratmeter.

Demnach müsste die Wirteszene im Freistaat in einer tiefen Krise stecken: Rund 30 Prozent der Gäste seien weggeblieben; die Umsatzrückgänge addieren sich angeblich im Durchschnitt auf 28 Prozent; ein Drittel der Gastronomen habe Personal abgebaut oder denke darüber nach; knapp 30 Prozent geben an, dass sie die Schließung ihres Betriebes erwägen.

„Unseriöse“ Studie?

Die „gegnerische“ Initiative „Pro rauchfrei“ — Hauptinitiatorin des gesetzlich angeordneten Rauchverbotes — greift diese Studie als „unseriös und nicht repräsentativ“ an. Der methodische Einwand: „Mit einer sogenannten Omnibusfrage zu Terrorismus und der dritten Startbahn in München werden die Befragten erst aufgeheizt, um den Zorn dann auf das Thema Rauchverbot umzuleiten“, sagte Siegfried Ermer von „Pro rauchfrau“ im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten.

Die Rauchverbots-Befürworter führen ihrerseits einen Bericht des Bayerischen Landesamtes für Statistik ins Feld. Und der kommt zu ganz anderen Ergebnissen: Demnach hat das bayerische Gaststättengewerbe im April-Vergleich der Jahre 2010 und 2011 — also vor und nach Einführung des geltenden Rauchverbotes — ein Umsatzplus von 3,6 Prozent erwirtschaftet. Während es im Getränkeausschank nur 2,7 Prozent gewesen sind, kommen Restaurants, Gaststätten, Imbissbuden und Cafés auf einen Umsatzzuwachs von 3,7 Prozent.

Allerdings haben die Landesstatistiker nicht überwiegend kleine Kneipen untersucht, sondern die Angaben von selbstständigen Wirten mit Betrieben ausgewertet, die mindestens 50000 Euro Jahresumsatz machen. Die repräsentativ und zufällig ausgewählten Gaststätten sind dann zu einem „Landesergebnis“ hochgerechnet worden.

Diese unterschiedlichen Resultate müssen nach Einschätzung von Roland Schelhorn (Altstadt-Hotel Stern, Neumarkt), stellvertretender Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes in Neumarkt, nicht unbedingt ein Widerspruch sein. Je nach Gäste- und Angebotsstruktur hält Schelhorn in einem Teil der Gastronomiebetriebe Umsatzrückgänge nicht für ausgeschlossen. „Da kann es schon zu kleinen Verschiebungen gekommen sein, wenn nach dem Essen der Grappa oder der Cappuccino wegfällt, weil der Gast lieber zum Rauchen geht.“ Allerdings weiß der Neumarkter Wirtesprecher auch, dass verärgerte und rauchende „Kartler“ in den Wirtshäusern auf dem Land erst weggeblieben sind, aber längst den Weg zurück an ihre Stammtische gefunden haben.

Josef Seibold vom Mittleren Ganskeller in Neumarkt ist selbst Raucher und alles andere als ein Befürworter des strengen Verbotes. „Das war nicht richtig, ich sehe das sehr kritisch.“ Und dennoch kann Seibold nach dem Blick in die Bücher beim besten Willen „keinen Umsatzrückgang“ herauslesen. Ganz im Gegenteil: „Ich habe ein Umsatzplus gemacht.“ Doch auf die Einführung des Rauchverbotes führt das der Wirt des Mittleren Ganskellers nicht zurück — eher auf sein Bemühen, die Qualität der Speisen zu verbessern. Und die Gäste verzehren in der Gaststätte auch wesentlich mehr — während sich die Kartenspieler auch ohne Zigarette in der Wirtsstube ein Bier servieren lassen.

„Wir hatten keinerlei Nachteile, nur Vorteile“, bilanziert auch Norbert Wittmann vom gleichnamigen Hotel und Gasthof in der Neumarkter Bahnhofstraße. Das Speiselokal bewirtete schon immer überwiegend Gäste, die sich den kulinarischen Genuss nicht durch Nikotingeruch vergällen lassen wollten.

Vor der Einführung des Rauchverbotes hatten Kritiker ein Szenario gezeichnet, wonach zahlreiche Gaststätten die Restriktionen nicht überleben würden. Wirte-Sprecher Roland Schelhorn: „Ich kenne keine einzige Kneipe in Neumarkt, die wegen des Rauchverbotes zumachen musste.“