Rebellion wird zum Opa-Kult

7.9.2013, 15:00 Uhr
Rebellion wird zum Opa-Kult

© Linke

„Nicht befriedigend.“ So knapp charakterisiert Peter Stadler vom gleichnamigen PS-Motor-Center in Neumarkt die Absatzzahlen der motorisierten Bikes — trotz eines leichten Plus’ bei den deutschlandweiten Zulassungszahlen. „Schwierig, seit zehn Jahren rückläufig, ein Bruchteil des Umsatzes von vor zwölf, 13 Jahren“, berichtet Josef Endres, seit 1982 Kawasaki-Händler in Neumarkt.

Rebellion wird zum Opa-Kult

Der Geschäftsführer von Motorrad Dechant macht einmal einen grundlegenden Wandel aus: Die jugendliche Zielgruppe kann mit dem Lebensgefühl der Alt-68er, der Möchtegern-Rebellen in Leder auf dem Motorrad nicht mehr viel anfangen. Das Image der Biker-Auflehnung gegen die Spießbürgerlichkeit ist dahin. „Das macht mein Opa“, zitiert Josef Endres junge Gesprächspartner. „Erlebnis und Abendteuer mit dem Motorrad sind schwierig zu vermitteln“, meint auch Peter Stadler.

Hobby wird Luxus

Dann ist für viele jüngere potenzielle Kunden das „Luxus-Hobby“ alles andere als kostengünstig. Das fängt für Kawa-Händler Endres schon beim Führerschein an: Zwischen 1000 und 1500 Euro müssten die Neulinge für die Lizenz hinlegen. Das Gros der Motorradkäufer stammt inzwischen eher aus der Altersklasse von 30 bis 35 und weiter aufwärts. „Das sind reife Leute, die sich alles mögliche aufgebaut haben, verheiratet sind, ein Haus und ein schönes Auto haben — und da kommt dann das Motorrad dazu“, beschreibt Nina Michalk vom Neumarkter BMW-Händler Schießlbauer die Kundschaft.

Die weiß-blaue Marke sieht sich da auch von dem flauen Trend des Marktes eher abgekoppelt. „Genügend Nachfrage“ entwickelten die typischen BMW-Käufer, die sich von den deutlich höheren Anschaffungspreisen im Vergleich mit der Konkurrenz nicht abschrecken lassen würden. Der Bike-Absatz wird allerdings auch sehr leicht durch Schlechtwetterperioden wie in diesem Jahr massiv gebremst. Die BMW-Händler waren da heilfroh über die überarbeitete Enduro R 1200 GS mit dem wassergekühlten Boxermotor — ein deutlicher Umsatzbringer.

Gemessen an den Preisen für neue Autos ist die Anschaffung eines Motorrades durchaus attraktiv. „Bezahlbar wären die Einsteigermaschinen schon“, meint Josef Endres. Für 6000 bis 8000 Euro bekomme man ein sehr schönes Bike mit technischen Finessen wie Antiblockiersystem und Einspritzanlage. Auch Honda-Händler Stadler kann für kostenbewusste Neulinge etwas bieten: zum Beispiel die 48 PS starke NC 700 S, für die der Käufer knapp 6000 Euro einkalkulieren muss.

Seit Januar des Jahres gibt es die Option für Pkw-Führerschein-Inhaber, die ihre Pappe vor dem 1. April 1980 erworben haben, die Motorradlizenz nur mit einer praktischen Prüfung und ohne Theorietest zu erwerben — mit der Aussicht, ein Motorrad mit einer Leistung bis 48 PS zu fahren. „Das hat den einen oder anderen schon zum Umstieg bewegt, aber das betrifft Minimum die Jahrgänge ab 1962“, so Peter Stadler.

„Wir sind serviceorientiert“

Trotz der lauen Absatzzahlen bei Neufahrzeugen „stehen wir überhaupt nicht kurz vor dem Bankrott“, merkt Josef Endres vorsorglich an. Denn in Deutschland waren noch nie so viele „Krafträder“ angemeldet wie derzeit: laut Statistischem Bundesamt 3,98 Millionen. Doch viele der Wohlstands-Vehikel fristen in der Doppel- oder Dreifach-Garage ein trauriges Dasein: Sie werden kaum bewegt. „Zum Teil haben wir von Tüv zu Tüv eine Kilometerleistung von unter 1000“, so der Kawasaki-Händler im NN-Gespräch. Durch Nichtbenutzung verschlissene Batterien sind noch die geringsten Standschäden. Gut für die Motorradwerkstätten. Josef Endres: „Wir sind halt service- und werkstattorientiert.“

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