Reichs-Perso: Mann will sich mit Bananen freikaufen

19.2.2020, 09:26 Uhr

In den Gängen des ehemaligen Pfalzgrafenschlosses raunte man etwas von "Reichsbürger". Doch diese Bezeichnung verbat sich der Angeklagte. Sie stelle eine Verbindung her zu Nazi-Deutschland und das empfinde er als diskriminierend. Immerhin.

 Angeklagt war der Mann Anfang der Fünfziger wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Haftpflichtgesetz und wegen Urkundenfälschung. Am Vormittag des 26. Oktober vergangenen Jahres war er in der Amberger Straße in Neumarkt von der Polizei angehalten worden.

Er war auf dem Gehsteig auf einem sogenannten Segway unterwegs, das auf eine Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h zugelassen ist. Eine dafür notwendige Haftpflichtversicherung hatte er nicht abgeschlossen.


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Als die Polizei ihn um die Personalien bat, zeigte er einen "Personenausweis Deutsches Reich", der optisch sehr an einen Bundespersonalausweis erinnert, tatsächlich zwar alle notwendigen Daten korrekt enthielt, aber mit dem Vorzeigen als angebliches Dokument auch den Tatbestand der Urkundenfälschung erfüllte.

Naturgemäß sah der Angeklagte das anders. Im Falle des Segway brachte er das nicht von der Hand zu weisende Argument vor, dass für E-Bikes auch keine Haftpflichtversicherung nötig seien, obwohl die deutlich schneller fahren dürften.

Das war freilich nur ein Nebenkriegsschauplatz. Als betont höflicher Mensch vermied es der Angeklagte peinlich, dem Gericht so etwas wie Missachtung entgegen zu bringen. Er stellte aber in Abrede, dass Richter Rainer Würth als "Angestellter der Firma Freistaat Bayern" die Legitimität besitze, über ihn als Menschen zu urteilen. Zu Tauschgeschäften sei er gern bereit, sagte er und zog lächelnd zwei Bananen aus der Jackentasche. Würth lehnte dankend ab.

"Bewaffneter Diebstahl" der Polizei

Die Sperenzchen, die der Beschuldigte sich für seinen Auftritt einfallen hatte lassen, waren eher harmloser Natur. Er weigerte sich auch nach Aufforderung seiner Betreuerin, den ihm zugewiesenen Platz einzunehmen und betrat erst nach ausdrücklicher Aufforderung den Gerichtssaal. Die Erlaubnis, sich setzen zu dürfen, schlug er mit "nein danke" aus und blieb während der ganzen Verhandlung stehen.

Das verstand Richter Würth nicht als Affront, auch nicht die Frage nach seinem Dienstausweis und seiner Bestallungsurkunde. Die, so der 51-Jährige, hätten Richter und Staatsanwalt eh nur von der bayerischen Landesbank erhalten. Würth nahm die Einwände ungerührt zur Kenntnis und auch die Rechtsauffassung des Angeklagten, dass das Gericht nicht zuständig sei für ihn.

Der Mittelfranke bestand auf der Gültigkeit des Dokuments, mit dem er sich bei der Polizei ausgewiesen hatte. Gerichtsurteile würden dies angeblich bestätigen. Und er forderte die Herausgabe des Ausweises, der nicht sichergestellt worden, sondern beschlagnahmt worden sei. Man könne auch von "bewaffnetem Diebstahl" durch die Polizei sprechen.

Doch über die Behandlung in der Neumarkter Inspektion beklagte er sich nicht. Im Gegenteil. Die Beamten seien höflich gewesen, einer habe ihn gar zum Bahnhof gefahren, damit er seinen 450-Euro-Job als Fahrdienstleister ausüben habe können.

Für seinen Lebensunterhalt bekommt er noch 350 Euro vom Job-Center, das freilich nach seiner Lesart für ihn nicht zuständig sein dürfte. Thomas Leykam, der Vertreter der Staatsanwaltschaft, war die krude Rechtsauffassung des einschlägig vorbestraften Angeklagten letztendlich herzlich egal. Er forderte für die zwei Delikte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro.

Richter Würth machte es etwas gnädiger und verhängte 80 Tagessätze. Als mildernde Umstände sah er, dass von dem Segway eine eher geringe Gefahr ausging und auf dem falschen Ausweis immerhin die persönlichen Daten stimmten. Erwartungsgemäß nahm der Angeklagte das Urteil nicht an.