Rohrers Kunst benötigt keine Gebrauchs-Anleitung

5.6.2016, 17:23 Uhr
Rohrers Kunst benötigt keine Gebrauchs-Anleitung

© Foto: Günter Distler

Die meisten Lacher kassierte der Neumarkter Kulturreferent Peter Ehrensberger, der in Vertretung des Oberbürgermeisters, der schon die Pressepräsentation beehrt hatte, jetzt die Ausstellung eröffnete. Er stellte sie in den Zusammenhang mit Oldtimer-Treffen und Maybach-Museum. Aber auch in den seiner jugendlichen Kunstleidenschaft. Drei Tage im südfranzösischen Toulouse-Lautrec-Museum: „Das Poster, das ich damals mit 18 Jahren erworben habe, haben wir immer noch: Es hängt bei uns im Keller.“

Immerhin würde er eine der Arbeiten von Stefan Rohrer, die „Bluebird“ heißen oder „Fast and furious“ und überschlägig 60 000 Euro kosten, garantiert nicht dorthin verbannen: Nach seiner ersten großen Ausstellung in Kaiserslautern („Auto und Geschwindigkeit“), von wo auch der Vorschlag „Rohrer“ für die Jury kam, ist der gut im Geschäft. Denn im Gegensatz zu seinen grünen Jugendzeiten ist „Auto“ keineswegs „total unchic“. Noch dazu sich Rohrer nicht als PS- und Geschwindigkeits-Fetischist outet, sondern „seine Gefühle immer hin und her kippen: zwischen schön und schlimm.“

Nicht nur, sondern auch: Rohrers Vielschichtigkeit betonte auch die Laudatorin Britta E. Buhlmann vom „Museum Pfalzgalerie“: „Tempo und die erbarmungslose Heftigkeit des Crashs“, das Vergnügen am „Dolce Vita“ einer Vespafahrt und das anschließende Schleudertrauma, Vergnügen und Angst, Rausch des Tempos und Überforderung des Fahrers. In Rohrers Plastiken erstarre die Zeit: nicht die Sekunde des Crashs, sondern die der Fliehkraft, mit der Reifen, Lenker, Fahrer in eine neue kometenhafte Umlaufbahn katapultiert werden und es die Kotflügel oder Bleuelstangen in die Länge zieht. Nicht die Realität werde in ihnen beschrieben, sondern die Crash-Fantasien des Zuschauers am Straßenrand. So wie bei den Passanten am Neuen Markt, wo Bluebird sich zurzeit um einen Laternenpfahl wickelt: „Da hatte es jemand zu eilig.“

Bei der angenehm kurzen Vernissage herrscht ohnehin die Ambivalenz zwischen Kunst und Technik. Nach mehr als zehn Jahren hat man es immer noch nicht zu einem funktionierenden Mikrofon gebracht. Und Museumsleiterin Pia Dornacher schwankte in ihrer Einschätzung, wie weit die Parallelen zwischen Lothar Fischers Pop-art-Objekten und Stefan Rohrers zentrifugalen Fantasien denn nun wirklich reichen.

Je mehr man darüber nachdenkt – entgegen dem äußeren Anschein nämlich nicht allzu weit. Was aber keineswegs gegen die Jury-Entscheidung spricht. Egal, die atemberaubende action einer Wandskulptur wie „Le Mans“ wird die Auto-Freaks bis Ende Oktober ins Museum locken. Rohrer hat in absoluter Perfektion die Zerstörung in Szene gesetzt und frisch lackiert.

Buhlmann gab ihrem Publikum deshalb mit auf den kurzweiligen Besichtigungsweg: „Staunen ist die Voraussetzung für alles Denken.“

Bis zum 30. 10. 16 Mi-Fr 14-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr; am 16. 6. um 10.30 Uhr spricht Bettina Mayer über die zentrale Frage: „Stefan Rohrer und Lothar Fischer – ein Dialog ?“

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