Rote Backen dank blauer Schwarzbeeren

21.8.2010, 00:00 Uhr
Rote Backen dank blauer Schwarzbeeren

© Horst Linke

Um ehrlich zu sein: Wer seine Finger nach dem „BeerenReißen“ betrachtet und Zähne, Zunge und Lippen nach dem Genuss der köstlichen Früchte im Spiegel anschaut, muss zugeben, dass blau schon eher zutrifft als schwarz.

Das ist aber im Moment egal, denn noch ist Saison im Wald. Die Kiefernwälder auf den sandigen Böden im Süden Neumarkts sind gute Standorte. In manchen Gebieten tragen die Zwergsträucher aus der Familie der Heidekrautgewächse überreichlich, anderswo hat sich die Juli-Trockenheit negativ ausgewirkt.

Mühsame Buckelei

Doch auch dort, wo die Schwarzbeeren in Trauben gedeihen, ist die Ernte eine mühsame Buckelei. Das ist sicher der Grund dafür, dass die Sammler inzwischen selten geworden sind. Schlecht für das Image der Waldfrüchte ist auch die Angst vor dem Fuchsbandwurm, so unbegründet sie sein mag.

Das ist schade, denn in der Volksmedizin spielen die, nennen wir sie allgemeinverständlich Heidelbeeren, traditionell eigentlich eine wichtige Rolle. Die leicht giftigen Blätter werden als harntreibende Teemischung angesetzt, die getrockneten Früchte sollen gegen Durchfall helfen. Diese Wirkung entfalten offenbar Gerbstoffe und die blauen Farbpigmente.

Diese Anthocyane sollen in der Lage sein, schädliche freie Radikale im Körper zu neutralisieren. Heidelbeeren gelten deshalb als Schutz vor Herz- und Kreislauferkrankungen, sollen aber auch gegen Darmerkrankungen helfen, die durch oxidativen Stress ausgelöst sind.

Es gibt Erfahrungsberichte von Patienten, die an Morbus Crohn leiden und durch den Verzehr von Heidelbeeren die Häufigkeit der Krankheitsschübe reduzieren konnten.

Die blauen Farbpigmente sollen aber auch gegen Viren und Bakterien wirken, Krebs und Diabetes bremsen und die Nervenzellen schützen.

Der in den Früchten enthaltenen Substanz Pterostilben wird cholesterinsenkende Wirkung nachgesagt. Die schon erwähnten Anthocyane fördern die Blutversorgung der Augennetzhaut, verbessern somit das Sehvermögen und sind deshalb vor allem für die interessant, die den ganzen Tag vor dem Computer sitzen.

An frischer Luft

Damit wird auch schon die vermutlich wichtigste gesundheitsfördernde Wirkung der Heidelbeere angesprochen. Die Bewegung beim Sammeln an frischer Luft tut dem Körper zweifelsfrei gut, wenn die Buckelei immer wieder von kleinen Spaziergängen in aufrechter Haltung unterbrochen wird.

Die effektivste Methode an die köstlichen Waldfrüchte zu kommen, ist der sogenannte Kamm, ein simples Gerät aus Holz und Stahldraht, mit dem sich die Beeren von den Sträuchern abstreifen lassen. Diese Kämme sind nicht verboten, wie häufig kolportiert, also erlaubt. Richtig benutzt, schaden sie den Pflanzen auch nicht.

Die Heidekrautgewächse, zu denen auch die Preiselbeeren zählen, haben in den trockenen, lichten Wäldern eine wichtige Funktion, sagt Forstdirektor Michael Rosskopf. Sie schützen den Boden vor der direkten Sonneneinstrahlung, halten ihn feucht und erschweren so das Aufflackern von Waldbränden. Das Wurzelwerk verhindert, dass Niederschläge sofort im sandigen Untergrund versickern.

Uwe Oesterling von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Neumarkt spricht auch von einer hohen Filterfunktion für das Grundwasser.

Käfer und Spinnen

Außerdem sind diese Zwergsträucher ein bedeutender Lebensraum für Kleinlebewesen. Das weiß jeder, der nach dem Schwarzbeersuchen mit dem Kamm Blätter. Nadeln und Rindenstückchen mühsam aussortiert. Dazwischen krabbeln immer ein paar winzige Käfer, Würmchen und verschiedenste Spinnentiere.