Eklat bei Gemeinderatssitzung

Streit um "Heuweg" bei Sengenthal beschäftigte nun auch das Gericht

10.9.2021, 08:00 Uhr
Als Waldgeister kostümierten sich Gegner eines Ausbaus des "Heuwegs" im vergangenen Winter.

© Foto: privat Als Waldgeister kostümierten sich Gegner eines Ausbaus des "Heuwegs" im vergangenen Winter.

Selbst wenn der Zuhörer einer Gemeinderatssitzung sich sehr ärgert über das, was der Bürgermeister sagt, hat er kein Recht, sich mit Zwischenrufen bemerkbar zu machen, schon gar nicht mit beleidigenden Worten.

Eine aufgebrachte 61 Jahre alte Frau, soll, was sie bestreitet, am Abend des 2. März dieses Jahres in Richtung des Sengenthaler Bürgermeisters Werner Brandenburger „Lügner, Verleumder und Volksverhetzer“ gerufen haben. Sie habe von Volksverhetzung gesprochen, die Worte "Lügner" und "Verleumder" gar nicht in den Mund genommen.

Gegen Geldauflage eingestellt

Wegen Beleidigung wurde ihr ein Strafbefehl über 70 Tagessätze zu 50 Euro zugestellt. Dagegen legte sie mit Hilfe ihres Anwalts Jochen Müller erfolgreich Einspruch ein. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 500 Euro an die Wolfsteinfreunde Neumarkt eingestellt.
Die Angeklagte hatte sich, wie etliche andere ihrer Bekannten gegen den Ausbau eines Hohlwegs nach Winnberg eingesetzt, den Waldbauern, Förster und Jagdgenossen zur Beseitigung von Käferbäumen für notwendig erachten.

Da die Leserbriefe aus diesen Kreisen nach Brandenburgers Ansicht Unwahrheiten enthielten, recherchierte er ein wenig im Internet. Dabei stellte er fest, das die Autoren fast alle irgendetwas mit dem Samainhof bei Parsberg zu tun haben. "Was interessiert Parsberger ein Hohlweg in Sengenthal?", fragte er sich.

Stiftung zum Erhalt der Umwelt

Das erklärte die 61-Jährige mit einer Stiftung, die von der Samain-Gemeinschaft gegründet wurde und die sich den Erhalt der Umwelt zum Ziel gesetzt hat. Diese Ziel verfolge auch die Gemeinde, hielt Werner Brandenburger dagegen. Das Käferholz müsse raus, um den Wald zu retten.

In der Gemeinderatssitzung vom März informierte er das Gremium über weitere Recherchen. So sei das Logo des Samainhofes identisch mit der Abbildung von Sleipnir, dem achtbeinigen Pferd von Odin. Dass das Fabelwesen von allen Beteiligten fälschlicherweise dem keltischen Kulturkreis zugerechnet wurde, tat letztendlich nichts zu Sache.

Nähe zu Neonazi-Szene suggeriert?

"Sleipnir" ist auch der Name einer Band, deren Frontmann wegen vermuteter Nähe zu rechtsradikalen Kreisen vom Verfassungsschutz beobachtet werde, ließ Brandenburger den Gemeinderat ebenfalls wissen. In den Neumarkter Nachrichten stand seinerzeit, dass der Bürgermeister so eine Nähe des Samainhofes zur Neonazi-Szene suggeriert habe.

Habe er nicht, beteuerte Brandenburger, sondern die Informationen nur kommentarlos ausgebreitet. Um des lieben Friedens Willen nahm Richter Rainer Würth ihm das ab. Er betone aber gleichzeitig, dass der unbefangene Beobachter aber doch den Eindruck gewinnen konnte, die Leute vom Samainhof tendierten nach rechts.

"Nacktreiten und anderer blühender Unsinn"

Da sei überhaupt allerlei Schmarrn im Umlauf, meinte Rechtsanwalt Müller, unter anderem, dass sie dort nackt reiten würden und ähnlich blühender Unsinn. Auch Würth war weit davon entfernt, den Menschen auf dem Reiterhof politische Ambitionen zu unterstellen. Bei dem, was sie dort trieben, handle es sich eher um „esoterischen Kram“.

Überdies sei das Symbol des Reiterhofs, das Sonnenpferd, dem achtbeinigen Pferd Odins nur ähnlich. „Räumen Sie ein“, wandte er sich an den Sengenthaler Bürgermeister, "dass Ihnen da eine Verwechslung unterlaufen ist?". Das Sonnenpferd, so die Angeklagte, sei das internationale Logo von Freunden der Islandponys. Davon leben einige auf dem Samainhof und werden beim therapeutischen Reiten eingesetzt.

Regeltreue ans Herz gelegt

Nach einer kurzen Unterbrechung kam Richter Rainer Würth seiner erklärten Absicht näher, den Vorfall nicht übermäßig aufzublasen. Der 61-Jährigen legte er ans Erzieherinnen-Herz, künftig die Spielregeln zu akzeptieren, die für Sitzungen von politischen Gremien gelten.

Nach wiederholter Ermahnungen durch den Bürgermeister, sie habe kein Rederecht und solle den Mund halten, wurde die Angeklagte damals aus der Turnhalle, wo das Gremium tagte, verwiesen. Von der umlaufenden Galerie hatte sie dann ihre Tiraden fortgesetzt und den Bürgermeister als Schande für Sengenthal bezeichnet.

Brandenburger: "Brauche ich mir nicht gefallen lassen"

„Ich bin der Meinung“, erklärte Werner Brandenburger seinen Schritt, Anzeige zu erstatten, „angesichts der verbalen und tätlichen Angriffe landauf, landab auf Lokalpolitiker, dass ich mir Beleidigungen dieser Art in der Öffentlichkeit nicht gefallen lassen brauche.“

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