Traurige Stiefmütterchen: Viele Läden bieten jetzt Lieferung an

2.4.2020, 06:00 Uhr
Traurige Stiefmütterchen: Viele Läden bieten jetzt Lieferung an

© Foto: Edgar Pfrogner

Seinen Laden in der Stadt hat Mario Nießlbeck weiter offen, die Kunden kaufen teilweise sehr viel, beobachtet der Obst- und Gemüsehändler, dann herrscht aber wieder stundenlang Flaute. "Vormittags kommen viele Kunden, nachmittags sind hier am Oberen Markt dann viele Parkplätze frei", sagt er.

Inzwischen bietet er einen Lieferdienst an, Stammkunden nutzen ihn, "viele sind Wiederholungstäter", sagt der Unternehmer. Einem Stammkunden, der jede Woche kommt und immer eine Kiste Äpfel kauft, hat er das Obst in den Landkreis geliefert – auch wenn es für ihn ein Draufzahlgeschäft war.

Ihn trifft die Schließung von Restaurants und Gaststätten besonders hart, denn er hat erst vor kurzem auch einen Großhandel mit Obst und Gemüse übernommen. Selbst die Gastronomen, die zum Mitnehmen kochen, bieten nicht in großen Mengen Salat an. "Die machen halt Braten und Knödel." Als die Nachricht von der Schließung kam, hatte er das Kühlhaus voll. Vieles hat er dann über den Einzelhandel verkaufen können. Unverdorbene, aber nicht mehr verkäufliche Sachen gibt er über die Plattform "too good to go" günstig ab. Auf die Hilfsprogramme des Staates setzt er nicht allzu große Hoffnung. "Einen Monat schaffe ich", sagt er, danach werde es hart.

Private Auftäge fallen weg

Malermeister Erich Denk ist nicht gerade optimistisch. "Die privaten Aufträge fallen weg", sieht er. Wenn der Frühling kommt und die Sonne scheint, "wollen die Leute was machen im Haus, in der Wohnung", so kennt er es. In diesem Jahr schieben die Kunden lieber auf, was nicht unbedingt nötig ist.

Arbeiten an Fassaden, in leeren Wohnungen – das gehe noch. Auch in Privathaushalten dürfte Denk arbeiten, "möglichst ohne Kundenkontakt, mit dem Sicherheitsabstand" wäre das in Ordnung. Doch die meisten warten ab, verschieben lieber. "Jeder hat Angst", bringt es Denk auf den Punkt. Nun komme es drauf an, wie lange das Ganze dauert – und wie viel Geld die Leute dann noch haben, um sich etwas zu leisten, sagt er.

Improvisieren muss Stefan Traut, Leiter des Neumarkter Obi-Markts. Der Laden ist zu, nur Handwerker mit Ausweis dürfen einkaufen. Andere Kunden können telefonisch oder online bestellen, die Ware wird dann geliefert oder per Post verschickt. Darauf sei das System eigentlich nicht ausgelegt, anders als beim Spielwarengeschäft Vedes, das wie Obi zur Firma Klebl gehört: Dort gibt es schon länger einen Online-Shop, da sei die Nachfrage jetzt riesig.

Mit den Obi-Kunden müssten nun die Adresse, Zeitpunkt und Kosten der Lieferung sowie die Zahlungsweise – überweisen oder bar an den Fahrer – abgesprochen werden. Die Telefone klingeln ohne Unterlass.

Frühlingsblumen im Wartestand

Im Gewächshaus stehen Hunderte von Frühlingsblumen, Töpfchen für Balkon und dann auch den Garten, bereit. Auch die lassen sich bestellen. "Blumen wollen die meisten selber aussuchen, aber jetzt muss man sich eben auf den Mitarbeiter verlassen", sagt Traut. Die blühende Ware macht ihm kein riesiges Kopfzerbrechen, "den Großteil kriegen wir schon durch", meint er.

Zum Teil werden die Blumen auch günstig an die Mitarbeiter verkauft, die Baumschulbestände halten länger durch, müssten aber auch länger gepflegt werden. Andere Mitarbeiter sind damit befasst, die Regale wieder aufzufüllen – "für den Tag X, wenn wir wieder aufmachen", sagt Traut.

Den Laden hat die Konditorei Wittl geöffnet, das Café der Sinne muss geschlossen bleiben. Carola Wittl sieht beide Seiten: Zum einen sei sie dankbar, "dass wir noch was haben, was wir verkaufen können". Doch auch ihr Unternehmen mit 40 Mitarbeitern treffen die Einschnitte heftig; einige musste sie in Kurzarbeit schicken. Dabei habe man eine starke Stammmannschaft, schätze sich und wolle allen gerecht werden.

Konditor Wittl: "Ostern muss stattfinden"

Seit vergangener Woche hat die Konditorei auch einen Online-Shop, in dem unter anderem Pralinen und schokoladige Osterwaren zu haben sind. "Ostern muss stattfinden, auch wenn es heuer anders sein wird", sagt Carola Wittl und lädt ein, die gewohnten Rituale beizubehalten.

Es sei noch etwas Zeit bis zum Fest – einige Kunden kommen in den Laden, suchen sich Nester aus und lassen sie dann im Stadtgebiet an die Empfänger liefern. Dabei haben sich die Wittls mit Mario Nießlbeck, der Metzgerei Bögerl und dem Fischladen zusammengetan: Kunden können bei mehreren Läden ordern, und einer liefert alles. "Wir müssen alle zusammenhalten und schauen, dass wir da durchkommen", sagt Wittl.

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