Überraschung bei Erdarbeiten vor dem Unteren Tor

22.12.2014, 09:42 Uhr
Überraschung bei Erdarbeiten vor dem Unteren Tor

© Foto: Christian Biersack

Als die Bagger der Baufirma Bögl in der letzten Woche auf Mauerreste, Holzpfosten und Holzbohlen stießen, wurde der Archäologe Friedrich Loré aus Parsberg sofort hinzu gezogen. Dessen Firma Adilo hat ja schon an manchen Stellen im Stadtgebiet, wie in der Türmergasse und im Klösterl, nach Spuren der Neumarkter Vergangenheit gebuddelt.

Die Bruchsteinmauer, die vor dem Unteren Tor nun frei gelegt wurde, hat Loré zu finden erwartet. Es handelt sich um Reste der Zwingermauer, die einst die Stadt umgab. Wie dieses Bollwerk ausgesehen hat, ist noch im Hirschgraben zu erkennen: Hinter dem Gimplturm, dort wo früher der New Jazz Club zum Sommerfest ein Zeltdach spannte.

Anlage zur Verteidigung

Der Zwinger war eine vorgelagerte Verteidigungsanlage zwischen Wassergraben und Stadtmauer. Vor dem Unteren Tor war sie mehr als zwei Meter hoch. „Das hat potenzielle Angreifer sicher beeindruckt“, meint Friedrich Loré, da sie ja zuerst noch den Stadtgraben zu überwinden hatten. Die vorsichtige Freilegung des Zwingers hat auch den Ansatz einer schmalen Treppe zum einstigen Wassergraben sichtbar gemacht. Ähnliches findet sich auch im Hirschgraben wieder.

Einmalig sei aber, so der Parsberger Archäologe, die mehrgliedrige Holzverbauung, die zum Teil noch erhalten ist. Er könne nicht ganz ausschließen, dass sie aus Zeiten des Kanalbaus stammt, als der Leitgraben an der Stadtmauer vorbei geführt wurde, sagte Loré im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten. Doch ist er sich ziemlich sicher, dass die Holzstücke älter sind, vielleicht aus dem 16. Jahrhundert. Das müsse eine so genannte dendrologische Untersuchung klären.

Der Sinn für diese mittelalterlichen Spundwände ist für Loré offensichtlich. Neumarkt ist auf Sand gebaut. Das Wasser im Graben, der damals die Stadt umgab, drohte stets, die Mauern von Zwinger und Stadtbefestigung zu unterspülen.

Funde dokumentieren

Der Fund hat zur Folge, dass nun das Landesamt für Denkmalschutz darauf bestehen wird, archäologisch ausgebildete Fachleute zu den weiteren Grabungen heran zu ziehen, um die Relikte der ehemaligen Stadtbefestigung zu sichern und zu dokumentieren.

Das wird vermutlich zu zeitlichen Verzögerungen sowohl für die Überdeckelung des Leitgrabens in diesem Bereich führen, sowie für den Bau des darüber geplanten Cafés.

Dazu kommen noch die unerwarteten Kosten, die nach geltender Regelung am Bauherrn hängen bleiben. Die Aussicht, solche Überraschungen mit derartigen unangenehmen Begleiterscheinungen zu erleben, bremst zweifellos den Enthusiasmus von Immobilienbesitzern und Investoren, sich in der Altstadt an Neubauten zu wagen.

Deshalb wurde auch der Ruf laut, dass zumindest die Kosten für Grabungen und eventuelle archäologische Sicherungen von der Kommune übernommen werden. Denn die und damit die Gesamtbevölkerung zieht ja den ideellen Nutzen daraus, der Hausbesitzer hat wenig davon, wenn er erfährt, dass unter seinem Keller dunkle Flecken im Sand verraten, dass da mal die Holzpfosten eines ärmlichen Hauses seiner Ahnen standen.

Bei Arbeiten an der Unterführung der B 299/neu sind die Bauarbeiter im März 2000 auch auf Reste einer alten Mauer gestoßen. Der damalige Bürgermeister Emil Silberhorn, historisch interessiert, wie man weiß, wurde darauf aufmerksam gemacht und verständigte die Archäologin Christine Misamer. Ob das auch Reste der Zwingermauer waren, wurde nicht sicher geklärt.

Mit Erdreich abgedeckt

Nach Dokumentation und Abschluss der Arbeiten verschwand die Mauer wieder im Erdreich und bleibt auf diese Weise als Bodendenkmal erhalten.

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