«Väterlicher Freund»

12.4.2008, 00:00 Uhr
«Väterlicher Freund»

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Es ist später Nachmittag. Auf dem Küchentisch sind Schularbeiten ausgebreitet. «Ich war gerade dabei, ein paar zu korrigieren», sagt Walter. Noch heute unterrichtet der Studiendirektor im Ruhestand (Jahrgang 1934) zehn Stunden an der FOS. Neben den Fächern Deutsch und Geschichte selbstverständlich Sport.

«Ich bin ausgebildeter Sportlehrer. Als ich 1968 nach Neumarkt kam, hieß es, wir sollten unsere Bildung den Vereinen zur Verfügung stellen.» Dass Walter dann aber zum ASV Neumarkt ging, hatte weniger sportliche Gründe, als vielmehr mit einem Auto zu tun: «Ich wollte mir bei Herbert Graf, der damals Spieler des ASV war, einen Wagen kaufen. Er machte mir ein gutes Angebot. Aber nur unter der Bedingung, dass ich zum ASV komme», sagt Walter mit einem Lachen.

«Mein Libero»

Aus dem Autokauf entwickelte sich eine Freundschaft, und Walter war bis 1986 Fußball-Trainer im Jugendbereich des ASV. Hier trainierte er einst auch Helmut Himmler. «Er war mein Libero und hat eine richtig schöne Karriere gemacht», sagt Walter nicht ohne ein klein wenig Stolz in der Stimme. Noch heute spreche Himmler von einem «väterlichen Freund».

Zahlreiche Talente wurden unter seinen Fittichen geformt. In seiner A-Jugend-Bayernliga standen viele Jungkicker, die später großes Format bewiesen wie Keeper Günter «Cat» Wiese in der ersten Mannschaft des ASV und viele andere. Viele blieben und wurden Funktionäre im Jugendbereich (Lehmeier, Geisinger, Forster, Mann) oder Trainer (Hubert Kirsch, derzeit zweite Mannschaft).

Stück um Stück werden Erinnerungen wach. An große Spiele und schmerzhafte Niederlagen: «Unter der Hand ging bei meinen Schülern lange das Gerücht: Wenn der Walter am Wochenende verloren hatte, dann schreibt er am Montag eine Ex», erzählt der Lehrer und fügt mit einem Schmunzeln an: «Das Erste, was die Schüler am Montag gemacht haben, war den Sportteil in der Zeitung zu lesen.»

Heute schaut sich der Münchner-Löwen-Fan vor allem noch die Heimspiele des ASV Neumarkt und die großen Spiele in der Champions League oder im DFB-Pokal an. «Ein Höhepunkt war sicher das Derby vor kurzem gegen die Bayern im Pokal» - seine Löwen verloren (0:1 nach Verlängerung). «Für mich war das kein Elfmeter», schimpft Walter über die Schiedsrichter-Entscheidung in der Verlängerung. Doch der 60er-Fan räumt auch ein: «Der Schiri hätte zuvor schon mal auf den Punkt zeigen können. Vielleicht wollte er da wieder etwas gutmachen.»

Der Fußball hat immer eine große Rolle gespielt im Leben des Baldur Walter, auch wenn er selbst nur in der Studentenmannschaft in Würzburg gekickt hat. Dass er später als Wettkampfleiter im Kreis Neumarkt auch andere Sportarten wie Handball betreut hat, kam wieder einmal eher zufällig zu Stande: «Der Posten war frei, und ich habe zugesagt», erklärt Walter, der die Aufgabe von 1986 über 20 Jahre bis vor Kurzem erledigt hat. Nach seinem letzten Turnier, dem Kreisfinale der Schulen, wurde der Handball-Obmann mit Beifall von den Schülerinnen verabschiedet.

Engagiert hat er sich auch 20 Jahre beim Bayerischen Landessport-Verband (BLSV). Im Kreis Neumarkt war er für die Mitarbeiterbildung zuständig, leitete Lehrgänge, hielt Vorträge und bildete auch Clubassistenten aus.

Zahlreiche Auszeichnungen hat Walter für sein Engagement erhalten, doch darüber redet er gar nicht so gerne: «Wissen Sie, das kommt mit der Zeit von ganz alleine, wenn du dich engagierst. Die Anerkennung ist schön, aber ich will das nicht an die große Glocke hängen.»

Dank an die Familie

Großen Wert dagegen legt Walter auf die Familie. Er hat vier Kinder und vier Enkel. «Die Familie musste oft zurückstecken. Gerade als Trainer der A-Jugend, die ja immer Sonntag morgens spielt. Für dieses Verständnis bin ich sehr dankbar.» In zahlreichen Fotos und Bildern an den Wänden ist die Familie verewigt.

Ein neues Engagement im ehrenamtlichen Bereich aber kann sich Walter nur schwer vorstellen. Er genießt jetzt lieber die Ruhe und freie Zeit. Sein neues Auto aber hat er trotzdem wieder bei Herbert Graf gekauft.