Wild und Landwirtschaft

Velburger Drohnenpilot rettet Rehkitze vor grausamem Tod

20.5.2021, 09:25 Uhr
Auf geht‘s zum Kitzretten: Franz Meier hat sich eine Drohne angeschafft, um Kitze vor dem grausamen Tod in der Mähmaschine zu bewahren.  

© Magdalena Kayser, NN Auf geht‘s zum Kitzretten: Franz Meier hat sich eine Drohne angeschafft, um Kitze vor dem grausamen Tod in der Mähmaschine zu bewahren.  

Aus Sicht der Rehgeiß ist das eine sichere Sache: Ihr Kitz, ganz jung und noch nicht so stabil auf den Beinen, liegt mitten in einer Wiese. Sollte sich ein feindliches Wesen nähern, verharrt das Kitz regungslos, bis die Gefahr wieder vorbei ist. Wenn sie selbst gefressen hat, kehrt die Rehgeiß wieder zu ihrem Nachwuchs zurück.

In der landwirtschaftlichen Realität von heute kann die scheinbar sichere Wiese zur tödlichen Falle werden: Wenn die ausladenden Mähmaschinen über die Wiese fahren, bedeutet das jedes Frühjahr für eine Reihe von Kitzen den Tod.

Verschiedene Beteiligte haben ein Interesse daran, das zu vermeiden: Der Landwirt möchte kein Kitz töten, auch, weil ihm das einen Teil seiner Mahd verdirbt. Für Jäger ist es ebenfalls von Belang, dass die Kitze nicht "zusammengemäht werden", sagt Franz Meier aus Velburg. "Eine Geiß kommt zwei Tage zu einem Feld, in dem ihr Kitz war, und schreit", beschreibt er die Situation, wenn ein Kitz beim Mähen starb.

Meier ist Jäger und hat sich vor kurzem eine Drohne gekauft. Damit überfliegt er Wiesen vor der Mahd aus der Luft mit einer Wärmebildkamera.

Mit seiner Yuneec-Drohne macht er sich schon frühmorgens auf den Weg: Dann ist die Ortung mit der Wärmebildkamera am effektivsten. "Später erwärmt sich auch der Boden, dann sieht man jeden Maulwurfshügel", erklärt er.

Drei Kitze hat er an diesem Maimorgen schon aufgespürt. Dazu lässt Franz Meier die Drohne in die Luft steigen, vorher hat er ihr eine Route über ein definiertes Gelände vorgegeben, und der Hexacopter fliegt seine Bahnen.

Drei Kitze hat Meier an diesem Maimorgen schon aufgespürt

Erst sah Franz Meier das Kitz auf dem Display seiner Drohne, und er machte sich auf den Weg - dann schaute ihn das echte Tier aus der Wiese an.  

Erst sah Franz Meier das Kitz auf dem Display seiner Drohne, und er machte sich auf den Weg - dann schaute ihn das echte Tier aus der Wiese an.   © Franz Meier, NN

"Wenn ich einen hellen Fleck auf meinem Display sehe, lasse ich die Drohne dort stehen und gehe los." Im Display kann er auch sich selbst als Wärmepunkt beobachten, der sich dem gefundenen Punkt nähert. Bald sieht er: Da liegt ein Kitz, "das hat richtig raufgeschaut zu mir – ein echter Glücksmoment", sagt Meier.

Damit dem Tier während der Mahd nichts passiert, kommt es in eine Kiste. "Ich habe Handschuhe dabei zum Anfassen, außerdem nehme ich ein Büschel Gras, um das Kitz zu packen", erläutert Meier, damit das Kitz keinen menschlichen Geruch abbekommt. In der Kiste ist das Tier sicher, nach der Mahd wird es wieder in die Freiheit entlassen.

Nach der Mahd wird das Rehkitz wieder in die Freiheit entlassen

Am besten, sagt Meier, ist man dabei zu zweit oder zu dritt, um das Suchen und Wegtragen und die Handhabung der Drohne bestmöglich aufzuteilen.

Seit vier Jahren schon liebäugelt Meier mit der Idee, sich zu diesem Zweck eine Drohne anzuschaffen. Er hat versucht, Sponsoren für die Anschaffung zu finden, vergeblich – nun hat er die 4500 Euro aus eigener Tasche bezahlt. Auch die notwendigen Flugscheine hat er gemacht. Als er einen Bericht vom Bayerischen Jagdverband las über einen Drohnenfachmann aus Cham, fuhr er dorthin, sah sich die Drohne an und kaufte sich auch eine.

Für die Kitze wuchs mit den Landmaschinen die Gefahr

Der 52-Jährige erinnert sich an seinen Großvater, der in seiner Landwirtschaft auch ab und zu ein Kitz beim Mähen erwischt hat. "Verletzte Tiere haben wir dann bei uns aufgezogen." Die Maschinen, die in der Landwirtschaft zu Einsatz kommen, seien seither immer größer geworden, das sei angesichts der Arbeitsbedingungen für die Bauern auch nachvollziehbar, findet Meier.

Für die Kitze wuchs mit der Dimension der Maschinen auch die Gefahr. Es sei, sagt Meier, die Pflicht des Landwirts, vor dem Mähen die Wiese abzusuchen. Es gebe spürbare Strafen dafür, wenn ein Kitz in der Mähmaschine stirbt.

Besonderer Schutz für die jungen Tiere

Dass ein Jäger, der Rehe erschießt, sich um das Wohl der Kitze kümmert, findet Meier nicht widersprüchlich. Aus ethischen Gründen sei es wichtig, ein Jungtier vor so einem grausamen Tod zu bewahren. Es sei erst ab September erlaubt, Kitze zu schießen, die ganz jungen Jungtiere stehen unter besonderem Schutz. Sie seien auch wichtig für den Arterhalt.

Wenn ein kundiger Jäger ein Reh erschießt, sei das sofort tot. "Mir geht es auch um die Würde des Tiers", sagt Meier. Er nehme auf die Jagdkanzel oft seinen Fotoapparat mit, "und ich komme immer wieder heim und habe nur Fotos geschossen", sagt er. "Mir ist die Kreatur wichtig, auch Vogel oder Schnecke."

Wer Franz Meier und seine Drohne vor dem Mähen zu einem Rundflug einladen will, um versteckte Kitze zu retten, kann sich unter franz.joseph.meier@gmx.de oder (0170) 3647913 melden.