Verkauf vom Tisch: Der "Trulli" macht weiter

11.12.2019, 13:00 Uhr
Verkauf vom Tisch: Der

© Foto: André De Geare

Beide haben an der Geschichte der Gastarbeiter in Neumarkt kräftig mitgeschrieben. Und obwohl sie sich im Rückblick auf die 60er Jahre als "wir zwei kleine Italiener" beschreiben, stellt Antonella Suma fest: "Wir hatten hier niemals das Gefühl, dass wir Ausländer sind."

Schon lange bevor das Ehepaar sein erstes Ristorante am Viehmarkt eröffnete, brachte es schon "la dolce vita" in die Stadt. Als es Zucchini und Auberginen noch in keinem Supermarkt gab, geschweige denn irgendein Neumarkter genau wusste, wie der Name des Gemüses richtig geschrieben wird, wurden Freunde und Nachbarn im Hause der Sumas schon mit Spezialitäten aus ihrer ursprünglichen Heimat Apulien verwöhnt. Denn in die Kunst des Kochens wurde Cosimo Suma bereits in seiner Wehrdienstzeit beim italienischen Militär eingeweiht: "Da habe ich viel in der Küche gelernt."

Wie seine spätere Gattin ist er in Ceglie Messapica geboren, einer Stadt ganz oben am Absatz des italienischen Stiefels. Als Cosimo mit 18 Jahren als Schneider in die Mode-Metropole Mailand ging, hatte er mit Deutschland noch nichts am Hut.

Das änderte sich, als er 1963 bei einem Besuch in der Heimat die junge Antonella kennen lernte. Ihre Familie lebte damals schon in Neumarkt, die Eltern arbeiteten beide bei der Post in Nürnberg: "Wir waren mit die erste Gastarbeiterfamilie hier in der Stadt."

Gastarbeiter aus Liebe

Und nun plötzlich lockten Cosimo Suma die Plakate, die in Mailand an der Straßenecke hingen mit dem Lockruf: "Deutschland sucht Leute". In München angekommen, musste er seine Profession nennen – und wurde zu einer Schneiderei in Goslar vermittelt, 300 Kilometer weit entfernt von seiner Antonella in Neumarkt. "Dort war ich dann auch nur ein halbes Jahr."

Er fand eine Anstellung bei einem Schneider in Nürnberg. Und am 29. August 1965, am Sonntag um 11 Uhr, läuteten dann die Hochzeitsglocken: Der 24-jährige Cosimo führte die 16- jährige Antonella in der Hofkirche vor den Traualtar.

Sein berufliche Weg führte ihn in den folgenden Jahren in einige Firmen, viele Jahre auch in die Mastenfertigung von Pfleiderer. Nebenher betätigte er sich als Änderungsschneider und auch als Aushilfskoch in italienischen Lokalen. Bis er und seine Frau sich dachten: "Das können wir doch auch."

Pizza, Pasta und Aida

Und so eröffneten die Sumas Anfang der 1980er Jahre den "Trulli", benannt nach jenen rustikalen Rundhäusern, für die Apulien heute bekannt ist. Schnell entwickelte sich die Trattoria, zu Beginn noch in gepachteten Räumen am Eingang des Viehmarkts, zu Neumarkts "Szene-Italiener". Beliebt war das Restaurant auch bei Familien und vielen Gymnasiasten, die ihre Mittagspause nicht selten beim Trulli verbrachten. Denn die Sumas, die selbst zwei Töchter und einen Sohn großzogen, hatten immer einen guten Draht zu Kindern und Jugendlichen.

Doch erinnern sie sich auch an schwierige Zeiten. Als sie Ende der 80er Jahre gleich um die Ecke am Viehmarkt das Haus Nummer 11 kauften, es abrissen und ein neues Wohngebäude mit Lokal im Erdgeschoss bauten. Doch auch diesen Kraftakt meisterten sie gemeinsam, nach der Neueröffnung im eigenen Haus brummte der Laden weiter.

"Cosimo ist eben ein Super-Geschäftsmann", sagt seine Frau. "Aus einem Euro macht er zwei. Überhaupt ein Super-Mann. Und ein Super-Sänger." Eine kleine Kostprobe? Und schon schmettert Suma das dramatische Schluss-Duett "O terra, addio" aus Aida vor dem Tresen. Früher sang er im Liederkranz und im Kammerchor, heute ist er noch im Woffenbacher Kirchenchor. Und seine Stimme werde immer besser, schwärmt Antonella.

Gesundheit und Freude am Leben

Viele Stammgäste, viele Freunde hat die Familie Suma über die Jahrzehnte gewonnen. Und viele fragen sich seit einiger Zeit, wie und ob es mit dem "Trulli" weitergeht.

Der Plan, das Haus zu verkaufen, sei aber schon wieder vom Tisch, sagt Antonella. "Wir sind gesund, munter und haben Freude am Leben. Also machen wir weiter, solange der Herrgott uns Kraft gibt."

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