Weißes Betttuch rettete das Dorf Gnadenberg

9.1.2020, 13:00 Uhr
Weißes Betttuch rettete das Dorf Gnadenberg

© Foto: Archiv Gemeinde Berg

"Halten wir doch inne und machen wir uns am Ende des Jahres deutlich, was die wirklich bedeutsamen Dinge des Lebens sind – im Gegensatz zu den wechselnden und schnelllebigen Launen der jeweiligen Zeit", so Himmler zu Beginn seines Jahresrückblicks.

Man habe das große, aber wahrlich nicht selbstverständliche Glück, seit nahezu 75 Jahren in der Mitte Europas in Frieden mitsamt einem niemals denkbaren Wohlstand leben zu können. Vor diesem Hintergrund bereitet Himmler für Mitte April 2020 eine Veranstaltung der Gemeinde zum 75jährigen Kriegsende in der Gemeinde vor.

Mit Pfarrer Martin Fuchs sei ein Dankgottesdienst abgesprochen und er arbeite derzeit an der Gestaltung einer Gedenktafel, auf der die Rettung von Gnadenberg durch den Mut von drei Frauen aus dem Ort gewürdigt werde. Es habe nämlich kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges die Zerstörung gedroht, da die US-Army aus dem Nürnberger Land nach Gnadenberg anrückte und die noch anwesende SS das Dorf verteidigen wollte.

US-Panzer kamen am Vormittag

Am 18. April 1945 waren um elf Uhr die ersten Panzer der US-Armee im Dorf. Die damals zwölfjährige und noch lebende Zeitzeugin Rosa-Maria Höllerl berichtet: "In den letzten Kriegstagen wurden viele Gefangene, ganze Kolonnen Menschen, durch unser Dorf getrieben. Sie wurden von den deutschen Posten geschlagen. Wenn sie nicht mehr gehen konnten, wurden sie auf einen nachfolgenden Wagen, der von Pferden gezogen wurde, zu den Toten geworfen.

Wir Kinder standen am Weg. Diesen Umgang mit ,Menschen‘ sahen wir – das kann man nie vergessen. Am 15. April 1945 war weißer Sonntag, "in aller Stille". Am 16. April fand ein schwerer Tiefflieger-Angriff auf Gnadenberg statt. Am Klosterberg wurde ein deutscher Munitionszug von den US-Streitkräften beschossen. Dabei war ein Toter zu beklagen.

Am Abend des 16. April gingen alle Dorfbewohner in den Kirchenkeller der Familie Loos neben der Klosterruine. Auch am 17. April saßen wir alle im Keller auf Stroh. Es kam ein SS-Mann und schrie in den Keller: "Leute, seid froh, Gnadenberg wird verteidigt, ich habe in Neumarkt um Verstärkung bei der SS angerufen".

Großes Laken

"Da rannte Frau Loos zu dem Soldaten und schrie so laut sie konnte: 'Verlassen Sie sofort meinen Grund!‘ Der SS-Mann war so geschockt und ging ohne ein Wort. Wir alle weinten.

Frau Loos, eine geborene Winkler, war in Nürnberg verheiratet. Sie war mit ihren fünf Kindern wieder in Gnadenberg. Die Winkler-Marie, wie sie im Dorf hieß, hatte einen Plan. Das Dorf musste gerettet werden.

Michael Fuchs musste her. Ihre zwei großen Mädchen mussten in der Nacht vom 17. auf 18. April durch den Schulhof zum Wald auf dem Bauch kriechend zur Hagenhausener Straße gelangen. Sie gab ihnen in einem Kartoffelsack ein weißes Betttuch mit. Fuchs musste eine Stange mitschleifen – und an die Stange banden sie das weiße Betttuch.

Sie krochen alle drei wieder durch den Wald zurück in den Kirchenkeller. Frau Loos und alle beteten, bis sie wieder da waren. Frau Loos weinte nach der Rückkehr ihrer Kinder und wegen der geglückten Aktion. Danach wurde Gnadenberg nicht beschossen und das Dorf konnte gerettet werden."

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