Wildschweine leben auch rund um Neumarkt fast wie im Paradies

30.11.2019, 20:42 Uhr
Wildschweine leben auch rund um Neumarkt fast wie im Paradies

© Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Das führt zu gefährlichen Begegnungen im Straßenverkehr. Am Donnerstag um 1.10 Uhr überquerten kurz vor dem Parkplatz Zankschlag mehrere Wildschweine die A6. Ein tschechischer Lkw erfasste mit seiner Fahrzeugfront mehrere Tiere, die daraufhin reglos auf den Fahrbahnen verteilt liegen blieben. Eine nachfolgende Verkehrsteilnehmerin konnte nicht mehr ausweichen und kollidierte ebenfalls mit den Wildschweinen.

Von der Autobahnmeisterei Lauterhofen mussten die Fahrbahnen für Bergungs- und Säuberungsarbeiten komplett gesperrt werden, um etwa zehn getötete Wildschweine abtransportieren zu können. Der Schaden an den Fahrzeugen wird auf 6000 Euro geschätzt.

Auch Landwirte klagen, dass sich die Schwarzkittel in ihren Getreide- und vor allem Maisäckern gütlich tun und großen Flurschaden anrichten. "Ein großer Maisacker ist ein Schlaraffenland für die Wildschweine", sagt Lothar Sagerer, 1. Vorsitzender der Jägervereinigung BJV Kreisgruppe Neumarkt, "und je größer der Acker, desto schwieriger sind die Tiere zu bejagen." Die Wildschweine, angeführt von einer erfahrenen Leitbache, seien schlau und hätten oft auch keine Angst.

Es seien viele Wildschweine unterwegs im Landkreis, sagt Sagerer. Entsprechend ernst nähmen die Jäger die Aufgabe, die überaus große Population der nachtaktiven Tiere einzudämmen. "Wir sind viele Nächte draußen, zwischen 22 Uhr und fünf Uhr morgens."

Als Vorteil bezeichnet er die kooperative Haltung von Landrat Willibald Gailler und des Landratsamtes, das begründeten Anträgen auf Nachtjagden mit Sichthilfen positiv gegenüber stehe und Sondergenehmigungen ausspreche.

Viele Abschüsse

Im Landkreis Neumarkt wurden laut Wildtierportal Bayern im Jagdjahr 2018 insgesamt 1339 Wildschweine erlegt, vor allem Frischlinge und Überläufer. (Überläufer bezeichnet in der Jägersprache das Schwarzwild im zweiten Lebensjahr.) Im Jahr davor wurden 2135 Schwarzkittel geschossen.

Als Ursache für die Zunahme der Schwarzwildpopulation macht Sagerer nicht zuletzt den Klimawandel verantwortlich. Milde Winter führten dazu, dass mehr Frischlinge überleben. Die finden noch dazu im Wald immer mehr Futter. "Die exzessive Landwirtschaft tut ein Übriges."

Waldspaziergänger, die sich vernünftig verhalten, müssten sich keine Sorgen machen oder gar Angst vor einem Wildschweinangriff haben. "Im Normalfall besteht keine Gefahr, die Wildtiere wollen ihre Ruhe haben", sagt Sagerer. Kritisch werde es nur, wenn Hunde frei im Wald herumlaufen, was ohnehin verboten sei, oder wenn man eine Bache mit Frischlingen in ihrem "Kessel" genannten Lager stört. "Die verteidigt dann natürlich ihre Jungen, aber da müsste man als Spaziergänger schon absichtlich in eine Fichtenschonung reinkriechen. Wer das macht, ist einfach nur dumm", sagt Sagerer.

Bei Treib- oder Drückjagden könne es natürlich vorkommen, dass die scheuen Wildschweine aufgescheucht werden. "Letztes Jahr hat eine Sau einen Treiber gezwickt", weiß Sagerer. Sonst ist ihm von Vorfällen mit Spaziergängern im Landkreis Neumarkt nichts bekannt.

Auch Schäden im Wald

Die aktuell laufenden Treib- und Drückjagden seien die effektivste Art, die Wildschweinpopulation zu dezimieren, ergänzt Harald Gebhardt, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Neumarkt. "Die Wildschweine haben einen großen Lebensraum, die muss man auch großflächig bejagen."

Denn zu viele Schwarzkittel seien auch für den Wald nicht unbedingt förderlich, so Gebhardt. Sie fressen die Baumsamen und behindern so die Waldverjüngung. Außerdem zerstören sie die Zäune, mit denen Baumsetzlinge vor Verbiss durch Rot- und Rehwild geschützt werden.

Nicht zuletzt sind die Wildschweine potenzielle Überträger der Afrikanischen Schweinepest, die sich in Osteuropa zunehmend ausgebreitet hat. Noch sind Bayern und damit auch der Landkreis Neumarkt davon verschont geblieben. Die Wildschweinjagd diene deshalb auch der Vorbeugung gegen die Seuche, sagt Gebhardt.

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