WIR hat das Zeug zum Ausstellungs-Hit

27.1.2015, 10:05 Uhr
WIR hat das Zeug zum Ausstellungs-Hit

© Foto: Stefan Hippel

Natürlich wollten viele hauptsächlich den Münchner Alt-OB Christian Ude und seine geschliffene Rede hören: die Huldigung an das Neumarkter Museumsprojekt, aber auch an die „Gruppe WIR“, von der er einige Mitglieder noch persönlich kannte, mit ihnen befreundet war, im letzten Jahr Helmut Rieger noch mit einer Trauerrede begleitete.

Aber es ging bei dieser Matinée im MLF auch darum, WIR dem Publikum vorzustellen. SPUR kennt man in Neumarkt längst und von Anbeginn des Museums an: Die Gruppe, bei der Lothar Fischer Mitglied war, hat durch spektakuläre Aktionen Anfang der Sechziger in München für ordentlich Krawall und Aufsehen gesorgt, um auf sich aufmerksam zu machen.

Und wie der Name schon sagt, man wollte eine Spur legen – in die Zukunft der Kunst: frei von den kapitalistischen Zwängen, von akademischen Vorgaben, wie sie in München in einer langen Tradition seit der Weimarer Zeit übers Dritte Reich und bis in die Nachkriegszeit bestanden und den Kunstgeschmack dominierten.

Barocker Formen-Wirbel

Daran erinnerte Christian Ude, aber auch Selima Niggl in ihrer Einführungsrede. Sie ist Ko-Kuratorin der Ausstellung, promoviert zurzeit in Zürich, steht in enger Verbindung zur Münchner Galerie van de Loo, die einst die SPUR-Mitglieder mit Asger Jorn als wichtigstem Anreger in Verbindung brachte. Sie vertritt heute noch viele Künstler dieser Zeit. Niggl hat zudem den inhaltsschweren Katalog zur Ausstellung mitgestaltet, der auch die nächste Station in Schweinfurt (ab Mai) begleiten wird.

Sie knüpfte an die noch ganz retrospektiv orientierte Arbeit der Künstler an, die sich zu dritt zunächst zu WIR zusammenschlossen: im Gegensatz zu SPUR, die den Weg in die Zukunft suchten, wollten sie Künstler für die „Gegenwart“ sein. Niggl führte in ihrer Rede das Publikum über den von WIR entwickelten Facettenstil zur Rezeption der barocken Architektur, Malerei, Skulptur, wie sie besonders von Hans M. Bachmayer betrieben wurde. Auch bei Reinhold Heller sei das ein barocker Wirbel von Formen und Farben gewesen.

Den Zug zum Anarchisch-Antireligiös-Antichristlichen mancher SPUR-Leute hatten die von WIR, das schnell auf fünf Mitglieder anwuchs, nicht: Besonders Heller und Rieger hatten, so Niggl, einen durchaus positiven Bezug zur Religiosität, sahen individuelles Menschenleid immer auch mit dem Verweis auf den religiösen Bereich. Die Ausstellung zitiert mit Heino Naujoks’ „Höllensturz“ einen interessanten Beleg dafür.

Er ist von den WIR-Künstlern als einziger noch am Leben, er war mit einem kurzen Grußwort, aber mit tätiger Mithilfe bei Konzeption und Organisation der Ausstellung (auch hinsichtlich der Leihgaben) letztlich der wichtigste Gast bei dieser Vernissage.

„Viele Häuptlinge, wenig Indianer“ (Axel Heil im Katalog): Auch als 1966 WIR zusammen mit SPUR zu „Geflecht“ wurde, blieben trotz aller gemeinsamen „Malspiele“ und provokanten Aktionen die Künstler Individualisten, ihre Treffen seien „diplomatische Höchstleistungen“ gewesen – besonders durch die Frauen im Hintergrund. Davon hätte sicher auch Monika Prem, die Gast in Neumarkt war, ein Lied singen können.

Zu den wichtigsten Folgeveranstaltungen der Vernissage gehört am Donnerstag, 29. Januar, um 19 Uhr die gemeinsame Führung durch die Ausstellung mit Heino Naujoks und Pia Dornacher. Und wer von Christian Ude nicht genug kriegen kann: Am 15. März gibt es im Münchner Prinzregententheater einen „heiteren Nachmittag“ für seine Fans: „Ude & Friends“ heißt das, mit Maria Peschek, Axel Hacke und die „nouWell cousines“, die neue Gruppe der Geschwister Well (Karten-Telefon: 0 89/93 60 93).

Öffnungszeiten des MLF: Mittwoch bis Freitag 14 bis 17 Uhr, Samstag/Sonntag 11 bis 17 Uhr, Eintritt: drei Euro.

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