„Wir spielen noch mit Lego“

20.7.2013, 09:40 Uhr
„Wir spielen noch mit Lego“

© Bösl

„Wir sind nie erwachsen geworden, wir spielen nach wie vor mit Lego und haben unseren Spaß dabei.“ Kein Satz, den man von einem erfolgsorientierten Selfmade-Unternehmer erwartet, der in einem boomenden Hightech-Unternehmen die Regie führt. Dementsprechend auch das Äußere: Carl Fruth (47) empfängt den Gast in legerer dunkler Jeans

und sommerlichem, krawattenlosen Hemd. Die Eingangstür zur Zentrale von FIT („fruth innovative technologien“) steht weit offen im Lupburger Gewerbegebiet Eichenbühl direkt an der A3 in Sichtweite der Parsberger Burg. Die Stahltreppe zur ersten Besprechungsetage und dem riesigen Konferenz-Glastisch führt vorbei an dekorativer, moderner Malerei und einer bunten Sammlung von Designobjekten.

Apropos Kunst: Carl Fruth hat die Herstellung von anspruchsvollen Objekten mit Hilfe des Tochterunternehmens FIT-Production zu einem profitablen Geschäftsfeld gemacht. Über 50 Künstler lassen von dem Lupburger Unternehmen ihre Entwürfe umsetzen. Darunter ist auch der weltbekannte US-amerikanische Maler, Bildhauer und Objektkünstler Frank Stella. FIT hat schon zehn Projekte Stellas verwirklicht, spektakuläre Stücke, die sich heute in Museen und Privatsammlungen befinden.

„Wir haben ein relativ einzigartiges Kompetenz-Portfolio“, bringt Fruth die Fähigkeiten seines Unternehmens auf den Punkt, das eben nicht durch extreme Spezialisierung floriert. Ganz im Gegenteil: FIT steht für die ausgeklügelte und vielseitige Kombination von Technologien und Vermarktungsstrategien.

Alles begann 1995 mit der Gründung des Ein-Mann-Unternehmens in der Parsberger Eichendorffstraße. Der Diplom-Ingenieur hatte während seines Studiums an der Technischen Universität in München ein Zubrot als Kursleiter von Schulungen in Computer Aided Design (CAD) verdient. Nach einer kurzen Phase als angestellter Ingenieur startete Fruth als Dienstleister auf eigene Rechnung im Bereich des dreidimensionalen Drucks. Erster Auftrag: Die Fertigung von Mustern originalgetreuer Mini-Autoreifen für Bobbycars, die lebensgroßen BMW, Porsche und Mercedes nachempfunden sind.

Das Geschäft lief so gut, dass Carl Fruth zwei Jahre später mit sieben Mitarbeitern ins Eichenbühl jenseits der Stadtgrenze ausgesiedelt ist. Aktuell beschäftigt FIT 120 Menschen, darunter 30 Ingenieure und Naturwissenschaftler sowie 29 Auszubildende. Neben der Lupburger Zentrale gibt es eine Niederlassung in Tschechien für Vertrieb und Einkauf sowie ein repräsentatives Ladengeschäft in einem Einkaufszentrum in Prag.

Wozu einen solchen Flagship-Store? Fruths Tochterunternehmen Sintermask vermarktet dort den „Fabbster“, einen kleinen 3-D-Drucker für den „Hobby- und Hausgebrauch“. Das Gerät, das demnächst auch in heimischen Elektronik-Fachmärkten offeriert werden soll, ist eine Eigenentwicklung. Reizvoll ist dieser Einstieg in den Massenmarkt für 3-D-Drucker, weil Fruths Unternehmensgruppe auch bei den dazugehörigen Computerprogrammen praktisch an der Quelle sitzt: FIT liefert unter anderem die Basissoftware für 3-D-Drucker an den Marktgiganten Microsoft. Für diesen Aufgabenbereich gibt es den FIT-Ableger Netfabb.

Carl Fruth sieht einen explodierenden Markt voraus: „Das wird irre, es wird keinen Bereich des Lebens geben, der nicht vom 3-D-Drucken berührt wird.“ Das Spektrum wird nach Einschätzung des Lupburger Unternehmers über den reinen Freizeitbereich hinaus bis in die hochtechnische Medizin reichen. Beispiele: die Erzeugung von Hörgeräten und von künstlichen Zähnen.

Die FIT-Firmengruppe produziert Einzelstücke und Kleinserien sowie Prototypen für die Entwicklungsabteilungen der Industrie mit sogenannten additiven Verfahren. Einfach gesprochen werden die Erzeugnisse nicht aus massivem Material herausgesägt oder gefräst, sondern beispielsweise durch Schmelzverfahren aus Metall- oder Kunststoffpulver aufgebaut. Damit lassen sich unendlich komplexe Strukturen erzeugen, die der Natur nachempfunden sind. Beispiel: Wirbelsäulenimplantate mit einer speziellen Oberfläche, an der der natürliche Knochenwuchs viel Angriffsfläche hat.

25 Prozent Umsatzwachstum

Antworten auf Fragen nach Umsatz und Gewinn umschifft Carl Fruth elegant und sagt nur so viel: „Unser Umsatzwachstum liegt jedes Jahr bei 25 Prozent, und wir sind relativ ertragsstark.“ Und: „Wir werden mittelfristig weltweit wachsen müssen, unsere Strategie ist internationalistisch, wir möchten die Technologieführerschaft.“

Fruths FIT kooperiert mit einer großen US-amerikanischen Firma für Implantate. Was läge da näher, als einen eigenen Produktionsstandort in der Neuen Welt aufzubauen? Auch diese Antwort lässt der Unternehmer freundlich lächelnd offen. Vor dem Hintergrund der globalen Pläne von FIT ist Carl Fruths Investoren-Kultur-Kritik eindeutig: „Solche Geschäfte kann man nicht mit deutschen Investoren und deutschen Banken machen.“

Hightech-Unternehmen wie FIT plagt mehr noch als der allgemeine Mangel an Fachkräften der massive Wettbewerb um hochqualifizierte Mitarbeiter im internationalen Maßstab. Die Vollbeschäftigung im Landkreis Neumarkt wird da zum Problem, weil beispielsweise für die Ehefrauen von Top-Ingenieuren aus dem Ausland keine passenden Arbeitsplätze verfügbar sind. Und die Eierköpfe für die Entwicklungslabors haben eben oft auch kleine Kinder. Carl Fruth: „Wenn man internationale Spitzenkräfte haben will, dann braucht man flächendeckend mehrsprachige Kindergärten und Grundschulen.“

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