Badstube „im Kolb“ entdeckt

16.9.2019, 20:22 Uhr
Badstube „im Kolb“ entdeckt

© Harald Munzinger

Sicher war nur, dass es sich um ein geschichtsträchtiges und eines der ältesten profanen Gebäude des Aischtales, somit also erhaltenswürdiges Objekt handelte, als Gutenstetten dessen Ruine vom Staat übernahm, in dessen Besitz es nach dem abgelehnten Erbe gefallen war. Dass es sich einmal zu einem Schmuckstück mitten im Ort verwandeln und exemplarisch für ein Stück Geschichte Frankens „zu einem Fallbeispiel für den einstigen Alltag der Menschen, die darin gelebt und gearbeitet haben“ werden könnte, habe sich am Anfang niemand vorstellen können. Und so habe er seinem Nachfolger ein „schwer verdauliches Erbe hinterlassen“, erinnerte der ehemalige Bürgermeister Helmut Reiß an erbitterte Widerstände gegen eine Sanierung.

Bürgermeister Gerhard Eichner und sein Gemeinderat „verdauten“ die massiven Proteste und können heute stolz auf die gelungene Wiederbelebung des „Kolb“ sein, wie der Name der letzten Besitzerin zum Begriff für das Anwesen mit der sanierten Altbausubstanz und einer subtilen Erweiterung werden sollte. Hinter dem Bauzaun entsteht eine Scheune, die den ursprünglichen Dreiseithof abschließen wird, auf dem auch noch ein Backhäuschen entstehen soll. Bis Mitte nächsten Jahres sollte der Gesamtkomplex fertig sein, Gutenstetten dann ein „sehr schönes Ensemble mitten im Ort haben“, kündigte es Eichner an, der sich mit seinem Gemeinderat heute über viel Anerkennung für das mutig angegangene Objekt freuen kann. Keine Frage auch für Vorgänger Reiß, „dass sich der Aufwand gelohnt hat“.

Mit der aufwändigen Baumaßnahme verbanden sich ebenso akribische Erforschungen der Historie des „Kolb“. Befunde ordneten den Ursprung des Gebäudes dem 12. Jahrhundert zu, wieder errichtet worden war es nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg 1680 und damit zehn Jahre früher, als das stattliche Pfarrhaus. Stück für Stück hat Helmut Reiß das Geschichtspuzzle des Anwesens zusammengesetzt, dafür Unterlagen studiert und in Archiven recherchiert. „Heimatgeschichte ist kein Kapitel, das man bei Wikipedia oder im Internet nachlesen kann“, stellte er zur „mühseligen Kleinarbeit fest, viele Details zu einem Gesamtbild zusammenzufügen und damit das Haus seine Geschichte erzählen zu lassen“.

Der Vorsitzende des Heimatvereins kündigte vor großer Schar interessierter Gäste an, dass „dieses Gebäude über sich und seine Bewohner erstaunlich viel offenbaren“ werde. Reiß berichtete über seine Forschungen, bei denen er als ganz neue Erkenntnis auf die „Badstube“ mit einem vom Staat zugestandenen „Rentrecht“ gestoßen ist. Im Gebäude finden sich dafür heute Nachweise mit einem Steinbecken neben dem Eingang und Spuren des Schwitzofens an einer leicht schwarzen Wand. Diese nahm Ralf Roßmeissl vom Bezirk Mittelfranken in Augenschein, der derzeit das Badhaus aus Wendelstein im Freilandmuseum Bad Windsheim aufbaut. Der stellte fest, dass sich die Badstube zweifelsfrei in dem Raum im Anschluss an die Rundbogentüre befand, die heute die Gebäudeteile verbindet.

Weitere Nachweise fand Reiß in den Aufzeichnungen über die Besitzer des Anwesens, wie etwa über Johann Georg Leonhard Schmidt, der 1785 das Haus erworben hatte und als „Meister der hochlöblichen Chirurgie wie auch Besitzer der Badstube zu Baudenbach und Gutenstetten“ beschrieben ist. Da aus beiden offenbar kein Auskommen zu erwirtschaften war, hatte er 1787 vom Markgrafen das Brennrecht erhalten, woran eine Brennerei erinnern wird, die ebenfalls noch errichtet wird.

Dass die Geschichte der Badstube bis ins Mittelalter zurückreichen dürfte, darauf lassen Mauerreste eines Vorgängerbaues schließen, die von der Archäologin Anke Köber bei Grabungsarbeiten gefunden worden waren. Diese reichten bis zur Zeit um 1200 zurück, berichtete Helmut Reiß am Aktionstag und verwies auf Reste einer schwarzen Mauer im heutigen „Trauzimmmer“ als „Reste des Schwitzofens und der Badstube. „Diese Wand fördert eine sensationelle Geschichte zu Tage“, die der akribische „Kolb“-Forscher und Vorsitzende des Heimatvereins ins Zentrum des Aktionstages rückte und die auch Monika Lacler in „ihrer Badstube“ mit allerlei Utensilien aus eigenen Museumsbeständen und Gisela Wagners Sammlung anschaulich machte.

Da sich auch das Zimmererhandwerk eng mit „dem Kolb“ verbindet, führten es Erich Pförtner und Mario Makhorn vor und standen den vielen interessierten Gästen gerne Rede und Antwort. Die schauten zudem gerne auf die flinken Hände von Besenbinder Fritz Reckenberger, studierten aufmerksam die Schautafeln und folgten Helmut Reiß bei den Führungen durch das Haus. Dabei wusste er viel über die Entstehungsgeschichte und die einzelnen Räume sowie die Lebensweise darin über die Jahrhunderte zu berichten.

Dabei kam die Faszination zum Ausdruck, wenn sich die Puzzleteile aus Dokumenten und Erzählungen zueinander fügen und „die Dinge, die einfach so erzählt wurden, plötzlich ein Gesicht bekommen, ja vielleicht über längst vergangene Zeiten sprechen“. Mit dem Aktionstag sollte das Buch über das Haus und das Leben der Menschen in Gutenstetten aufgeschlagen werden. Reiß hoffte, „dass noch viele Seiten und spannende Geschichten dazu kommen mögen“ und versprach für den Heimatverein, dass diese gerne dazu beitragen werde, „das Kolb“ mit neuem Leben zu erfüllen.

In gemütlicher Kaffeerunde konnte bei „Feuerspatzen“ und verführerischem Kuchenbüfett munter über Geschichte und Geschichten des „Kolb“ geplaudert werden, in dem schon zwei Trauungen stattfanden und sich viele Bürger in einem Arbeitskreis um di „Kultur im Kolb“ annehmen.

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