Gemeindetag findet deutliche Worte für den Staat

22.3.2019, 16:53 Uhr
Gemeindetag findet deutliche Worte für den Staat

© Harald Heinlein

Der Gastgeber konnte Regierungspräsident Dr. Thomas Bauer sowie den Bürgermeisterkollegen mit Erlangens Oberbürgermeister Dr. Florian Janik (Bezirksvorsitzender der kreisfreien Verbandsmitglieder in Mittelfranken) und Erstem Bürgermeister Alfons Brandl, Herrieden (Bezirksvorsitzender der kreisangehörigen Verbandsmitglieder in Mittelfranken) an der Spitze Neustadt als die größte Stadt

des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim mit tagesaktuell 13.379 und damit rund 1000 Einwohnern mehr als vor zehn Jahren vorstellen. Auch als Wirtschaftsstandort habe die Neustadt „sehr an Bedeutung gewonnen“, könne von Jahr zu Jahr

mehr Arbeitsplätze bereitstellen und weise einen „höchst positiven Einpendler-Salto mit einem Plus von rund 1.800 Personen, die täglich mehr zum Arbeiten in unsere Stadt hereinfahren, als auspendeln - und dies trotz des sehr nahe liegenden wirtschaftlichen

Ballungsraums mit Nürnberg, Fürth, Erlangen und Herzogenaurach.

Akuter Mangel an Baugrund

Mit vielen anderen Städten teilt Neustadt den Mangel an Wohnungen beziehungsweise Baugrundstücken, wie Meier das Problem skizzierte, momentan nicht ein einziges Baugrundstück mehr im städtischen Besitz haben, das man den inzwischen 250

registrierten Bauinteressenten anbieten könnte. Mehr als schwierig gestalteten sich Grundstückverhandlungen sowohl zum Schließen von „Baulücken“ wie zur Ausweisung neuer Baugebiete. Steine lägen der Stadt auch beim beschlossenen Neubau einer Feuerwache mit einer Kostenschätzung von neun bis zehn Millionen Euro im Weg, berichtete Meier vom notwendigen Bürgerentscheid mit Ratsbegehren, da eine dafür vorgesehene „verwilderte städtische Fläche“ von Gegnern des Standortes als „hochwertiges Biotop, das schützenswert und stadtbildprägend“ sei, angesehen werde.

Erfolgsgeschichte „vor Augen“

Auch bei den „durch die Decke gehenden Baukosten, sprach Klaus Meier Sorgen aller Kommunen an, als er auf das „Mammutprojekt“ der Generalsanierung der Grundschule in einem Schloss oder auf die Brandschutzsanierung mehrerer städtischer Gebäude verwies. KiTa-Erweiterungen, Breitbandausbau oder Straßenneugestaltungen waren weitere Themen beim kurzen Stadtportrait, das der Bürgermeister mit der Erfolgsgeschichte des „Anruf-Sammeltaxis“ zur ÖPNV-Verbesserungen abrundete. Und die Erfolgsgeschichte der Behördenverlagerung mit Luftbildarchiv sowie Bayern-Lab hatte die Bezirksversammlung mit dem Tagungsort „vor Augen“.

Beim Thema „digitale Klassenzimmer“ war man im Kollegenkreis einig, dass dieses dauerhaft finanziert werden müsse. Nach Ansicht vieler Bürgermeister reiche es nicht aus, wenn sich der Freistaat bei der Finanzierung der IT-Ausstattung an Schulen nur

mit einer befristeten Anschubfinanzierung beteilige. Nach Erfahrung der Städte und Gemeinden stünden zu wenig Fördermittel für Investitionen, für den laufenden Betrieb und die Systembetreuung zur Verfügung. Bei der Umsetzung von Förderprogrammen herrsche Ungewissheit, da klare Richtlinien für die digitale Ausstattung fehlen, erklärte der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer: „Der Freistaat muss seiner Mitverantwortung für die digitale Infrastruktur an Schulen stärker als bislang gerecht werden. Die Hoffnungen richten sich darauf, dass die Staatsregierung eine dauerhafte Förderung des digitalen Klassenzimmers und insbesondere für die Systembetreuung

auf den Weg bringt.“

„Wer etwas verspricht, muss auch bezahlen“, lautere die Formel auch im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf von CSU und Freien Wählern zur Erhebung von Beiträgen. Da war von einem „Schwarze-Peter-Spiel zu Lasten der Kommunen“ die Rede, wenn die Erhebung

von Erschließungsbeiträgen für die von Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG erfassten Altanlagen in das Ermessen der Kommunen gestellt werde. Geschäftsführer Buckenhofer machte deutlich: „Der Auftritt von Abgeordneten der Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern war ein durchsichtiger Versuch, vermeintliche Wohltaten zu verkünden. Die Finanzierung dieser Wohltaten wird allerdings den Kommunen zugeschoben. Damit kommen zwar einzelne Grundstücksbesitzer in den Genuss günstiger Straßen – zahlen muss dafür die Allgemeinheit aller Steuerzahler“. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Bayerischen Städtetags seien „empört über dieses Vorgehen“.

Der angekündigte Gesetzentwurf schaffe keine Klarheit, sondern zusätzlich Verwirrung, moniert Buckenhofer: „Verursacht wurde diese Verunsicherung von der Landespolitik selbst, die in den letzten Jahren Erwartungen von Bürgern auf Kostenfreiheit im Straßenbau

geweckt hat, ohne aber einen Weg für eine tragfähige Finanzierung zu weisen. Die bisherige Rechtslage, wonach Kommunen verpflichtet seien, ihre Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen und Erschließungsbeiträge für sogenannte Altanlagen zu verlangen, sei durch die Koalitionsabgeordneten immer wieder in Frage gestellt worden.

Daher habe sich der Bayerische Städtetag wiederholt an Innenminister Joachim Herrmann gewandt und um Klarstellung der Rechtslage gebeten. Statt einer Antwort seien die Kommunen nun mit einem Vorstoß zu einer Gesetzesänderung überrascht worden. Buckenhofer: Diese Art der Freibier-Politik ist ärgerlich: Die Freien Wähler und die CSU versprechen Freibier, aber überlassen die Rechnung den Rathäusern – und damit allen Steuerzahlern.“

„Dass Landtagsabgeordnete jetzt den Eindruck herbeireden, die Bürgermeister, die das geltende Gesetz ordnungsgemäß vollziehen, würden unnötigerweise die Bürger zur Kasse bitten, stößt die Kommunalpolitiker vor den Kopf“, so Geschäftsführer Buckenhofer. Dass der Abgeordnete Bernhard Pohl rechtmäßige Beitragsbescheide als bürgerunfreundlich bezeichne und den Kommunalpolitikern vorwerfe, sich hinter dem Gesetz zu verstecken,

sei ein Affront. „Darüber hinaus wird damit auch Unruhe in die Bürgerschaft hineingetragen, die weitere Politikverdrossenheit schürt. Ordentliche Beitragszahler werden verärgert, wenn nun die Nachbarn plötzlich nichts mehr bezahlen müssen.“

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