"Westmittelfränkischer Künstlerkreis" stellt im Schloss aus

7.10.2019, 18:44 Uhr
Der Karpfen ist realistisch, seine Umgebung digital in der Ausstellung "Künstlerische Positionen im postdigitalen Zeitalter".

© Harald Munzinger Der Karpfen ist realistisch, seine Umgebung digital in der Ausstellung "Künstlerische Positionen im postdigitalen Zeitalter".

"Postdigital – Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Dass sich auch die Künstlergruppe erst einmal in mehreren Diskussionen dem Inhalt dieses Begriffes nähern musste, ließ Manfred Hönig wissen, der im Schloss aus nachbearbeiteter und analog mit Ölfarbe übermalter digitaler Fotografie "etwas ganz Neues entstehen lässt".
Postdigital beschreibe "den jetzt erreichten Zustand einer Digitalisierung unserer Gesellschaft. Diese Digitalisierung hat zu einem großen Teil unsere Gesellschaft durchdrungen, in dem Sinne befinden wir uns in einem Zustand nach der Digitalisierung, als postdigital, ohne dass dieser Prozess in dem Sinne abgeschlossen wäre".

Hönig teilt die Gesellschaft grob in drei Gruppen ein: Die jüngeren als "digital natives" mit dem typischen Erkennungszeichen steten Starrens auf einen Smartphonebildschirm, die mittlere, im Laufe ihres Berufslebens mit den neuen Entwicklungen vertraut gewordene Generation und die ältere ohne bleibenden Zugang zur digitalen Welt. Die weitergehende Digitalisierung könne wohl erst dann erfolgen können, "wenn nur noch Generationen am Start sind, für die der Umgang mit der digitalen Welt völlig normal ist". Ob dies dann so etwas wie eine Technikutopie mit allgemeiner Glückseligkeit sei, oder doch eher eine "Orwellsche Horrorvision", werde sich wohl zeigen.

Einflüsse auf die Kunst

Welche Bereiche oder Aspekte dieser postdigitalen Welt als Thema in unsere Arbeiten einfließen, habe sich im Rahmen dieser Ausstellung ganz individuell die Frage gestellt. "Wie haben sich also die Produktionsbedingungen verändert, welche Möglichkeiten hat die Digitalisierung hinzugefügt?". Die Welt fließe "nicht nur inhaltlich über den Einfluss ihres Istzustandes, sondern eben auch über neu entstandene Produktionsmöglichkeiten in die Kunst ein".

Zuletzt sollte man, so Hönig "auch nicht vergessen, dass auch die rückwärtsgewandte Reaktion auf die Digitalisierung möglich ist. Ob das eine Bewahrung alter Techniken ist, durchaus auch in Kombination mit Möglichkeiten der Digitalisierung, oder ein inhaltlich kontrastierender Rückblick auf die Vergangenheit, um Aspekte der Gegenwart zu beleuchten, der Umgang mit der Jetztzeit muss ja nicht automatisch zu der Meinung führen , das man gerade in der besten aller Zeiten lebt".

Wie geht es weiter mit der Welt?

© Harald Munzinger

"Nachdem wir als Künstler in unserer Gruppe ja sehr vielfältig sind, in unserer kreativen Auseinandersetzung mit der Welt, in diesem Fall mit der digitalen Welt", hoffte Manfred Hönig, dass die Besucher "für sich interessante und anregende Arbeiten in unserer Ausstellung entdecken können". Vielleicht rege sie das ganze ja auch zu Gedanken darüber an, "wie es weitergeht mit unserer Welt", was "schließlich immer ein spannendes Thema und eines der wichtigsten Themen überhaupt" sei. Mattias Schwab ergänzte Hönigs Ausführungen mit einer kurzem Performance.

Mit Hönig beziehen in der Ausstellung Uhr Buley, Klaus-Leo Drechsel, Ilse Feiner, Renate Gehrcke, Barbara Graber, Peter Helmstetter, Manon Heupel, Anneliese Kraft, Milos Navratil, Jürgen Pleikies, Margit Schuler, Matthias Schwan und Walter Thaler ganz individuell ihre "künstlerischen Positionen im postdigitalen Zeitalter".

Der Begriff "postdigital" beleuchte das Spannungsfeld zwischen digitalem und analogem Leben, wird zur Ausstellung erklärt: "Das digitale Zeitalter hat uns alle verändert. Nach den Quantensprüngen fortschrittlicher Umwälzungen spüren wir immer mehr die Kehrseite. Wir wissen nicht mehr, was Realität ist, ersetzen Beziehungen durch flüchtige Unverbindlichkeiten, vereinsamen in der Flut unzähliger Informationen". Mit diesen Erkenntnissen verändere sich auch die Kunst.

Unterschiede sorgen für Spannung

Die Künstlerinnen und Künstler des "Westmittelfränkischen Künstlerkreises" spürten den Auswirkungen postdigitaler Veränderungen nach. Entweder durch Trauerarbeit nach den früheren Zeiten oder durch visionäre Aussichten auf Zukunftsträume oder -ängste. Das macht die Ausstellung spannend, die während der Öffnungszeiten der "Museen im Alten Schloss" besichtigt werden kann: Mittwoch, Freitag bis Sonntag 14 bis 17 Uhr.

Das Kollektiv stellte sich als freier Zusammenschluss von 15 professionellen Künstlern vor, die in Westmittelfranken leben und arbeiten. Die regionale Verankerung gilt als Basis, die "Bindung beriht auf gegenseitiger Wertschätzung. Neustadt/Aisch fügt sich in ein großes Ausstellungsnetz von Bremen bis Passau, Heidelberg bis Leipzig, Dortmund und Düsseldorf bis Regensburg ein, was im Rathaus wie im Museum "schon ein wenig stolz machen darf", wie es am Rande der Vernissage angemerkt wurde.

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