„Bei Betrunkenen nützt das Navi nix“

3.12.2011, 00:00 Uhr
„Bei Betrunkenen nützt das Navi nix“

© Michael Matejka

Herr Höppel, wann haben Sie sich zuletzt verfahren?

Horst Höppel: Ach, das ist erst ein paar Tage her. Das Pärchen wollte nach Langwasser-Süd.

Da haben Sie nicht hingefunden?

Höppel: Natürlich, ich dachte nur, dass sie bestimmt zu einer U-Bahn-Station wollen, und habe sie zum Frankencenter gefahren. Sie wollten allerdings zum Busbahnhof. Passiert.

Also ein Kommunikationsproblem. Oder verfahren Sie sich öfter?

Höppel: So gut wie nie. Natürlich habe ich damals, als ich vor 23 Jahren das Taxifahren angefangen habe, das ein oder andere Mal die falsche Route genommen. Aber der Fahrgast musste nie darunter leiden.

Inwiefern?

Höppel: Na ja, angekommen sind erst mal alle. Man muss aber so eine Stadt auch verstehen, mehr als einen Weg kennen. Den kürzesten weiß man erst im Laufe der Zeit. Ich habe das dann so gemacht: Wenn mir bei der Ankunft aufgefallen ist, dass der Weg etwas länger war, habe ich zwei Mark weniger verlangt.

Das gibt es heute eher selten...

Höppel: Stimmt. Aber nicht falsch verstehen: Wenn ein Taxifahrer seinen Fehler nicht sagt, will er nicht gleich die Fahrgäste prellen. Sondern er geniert sich zuzugeben, dass er falsch gefahren ist. Dabei ist da nichts dabei. Aber heute ist eh alles anders.

Was zum Beispiel?

Höppel: Die Taxifahrer haben nur die Zeit im Auge. Alles muss schnell gehen. Bei mir nicht, ich lasse mir Zeit. Beim Einsteigen und beim Fahren. Und dann wundern sich einige, warum sie so viele Punkte in Flensburg haben. Ich habe null.

Geändert hat sich allerdings auch das Orientierungsproblem. Immerhin gibt es heute Navigationsgeräte.

Höppel: Das ist nur ein schöner Glanz, sage ich. Ein Taxifahrer kennt 90 Prozent vom Stadtgebiet. Ich habe sogar einen Kollegen, der kennt 100 Prozent. Der heißt nicht umsonst mit Spitznamen „Dr. Ripple-Falk“.

Das müssen Sie erklären.

Höppel: Benannt nach dem Routenplaner von Falk und dem Straßenführer von Ripple. Der Kollege hat sogar die Orientierungsprüfung in München absolviert — nebenbei. Der hat ein fotografisches Gedächtnis.

Und Sie? Haben Sie ein „Navi“?

Höppel: Schon, aber ich habe es in den fünf Jahren erst zweimal benötigt — für eine Fahrt nach Gießen und eine nach Würzburg. Allerdings lasse ich es gerne laufen. Das piept immer brav, wenn ich mal zu schnell fahre.

Und wenn Sie eine Straße in Nürnberg dann nicht kennen...

Höppel: Ein Taxifahrer muss nicht alle Straßen kennen und wissen, wo sie sind. Er muss sie finden.

Und wie finden Sie Straßen? Nach dem Weg fragen entspricht sicher nicht dem „Taxifaher-Ehrenkodex“.

Höppel (lacht): So etwas gibt es zum Glück nicht. Ein paarmal in über zwanzig Jahren habe ich schon nach dem Weg gefragt, wenn es um neue Straßen ging. Das ist die Ausnahme. Sonst orientiere ich mich an Straßen oder Plätzen, die in der Nähe sind. Gerade wenn man Betrunkene fährt, hilft ein Navi nicht.

Warum?

Höppel: Hören Sie mal bei jemandem, der lallt, den Unterschied zwischen Bauernfeindstraße und Bauvereinstraße raus. Da können Sie nur nachfragen, sich nach wichtigen Punkten, Gebäuden in der Nähe erkundigen. Was hilft da ein Navi?

Nichts.

Höppel: Genau. Und dann geben die Leute ja auch nicht immer eine Straße an, sondern Lokale zum Beispiel. Aber die Etablissements ändern sich auch immer wieder oder ihre Namen. Bei so etwas hilft dann wiederum nur das Wissen von mir oder der Kollegen. Einfach per Funk fragen — und man weiß Bescheid.

Sie plädieren also gegen „Navis“. Wenn Sie privat unterwegs sind...

Höppel (grinst): ...dann fährt immer meine Frau. Und auch dann greife ich eher zur Karte. Wobei wir eigentlich nur dahin fahren, wo wir uns auskennen. Ich muss auch nicht weit weg. Ich fahre täglich Amerikaner, Japaner oder Russen, da lernt man viel von der Welt.

Einverstanden. Dann noch mal zu einer anderen Orientierung, der des Fahrgasts. Wo steigt man ein?

Höppel: Gute Frage. Wenn ein junger Mensch vorne reinhüpft, ist das für mich kein Problem. Aber ein gebildeter Mann oder eine feine Dame wird niemals vorne, sondern immer hinten einsteigen. Das kommt übrigens aus Frankreich. Da wird ausschließlich hinten eingestiegen. Weil vorne sitzt der Hund, habe ich mal gelernt.

 

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