15. November 1969: Hoffähiges Publikum für den Club

15.11.2019, 07:57 Uhr
15. November 1969: Hoffähiges Publikum für den Club

© Frey

Eineinhalb Dutzend Balltreter mit den Initialen 1. FCN auf der Brust, haben dafür gesorgt, daß Fußball-Deutschland wieder mit Interesse auf die einstige Kicker-Hochburg blickt. Die Bundesbahn-Direktion Nürnberg mit feinem Gespür für die Situation und die Fußballfans leisten dem Rekordmeister genauso wie in seligen Bundesligazeiten Gefolgschaft. Die Bahn, indem sie den-„Club-Expreß“ quer durch Süddeutschland auf Achse bringt, die Anhänger, die von dieser Reisemöglichkeit Gebrauch machen.

Der Sonderzug in Sachen Fußball wird auch morgen eingesetzt, via Hof. Denn: das ballverliebte Mittelfranken will dabei sein, wenn „sein Club“ in der Grenzstadt seinen ersten Platz in der Regionalliga Süd verteidigt.

Eitel Sonnenschein also – bei Bundesbahndirektion, FCN und Anhang? Nun, im großen und ganzen würde auch kein Wölkchen den Fußballhorizont trüben, wenn, ja wenn nicht der Überschwang einer kleinen Minderheit den „Sachverständigen“ den Spaß an der Freud‘ vergällen würde.

Freude war geteilt

Jedenfalls erinnert sich die Reiseleitung des „Club-Expreß“ mit geteilter Freude an die letzte Fahrt nach Regensburg. Raketenschützen auf den Nürnberger Straßen, auf den Verkehrswegen rund um den Dom an der Donau und auf den Rängen im Jahn-Stadion sind noch in frischer Erinnerung. Ganz offensichtlich hatten auch einige „Sportsleute“ – in Selbstaufopferung – jenen Gerstensaft verkonsumiert, der ihren Lieblingen auf dem Rasen verwehrt ist.

Die Regensburger freute es gar nicht, daß sich einige fahnenbewehrte Nürnberger den Weg in die Arena mitten auf der Fahrbahn bahnten; ein Domstädter denkt bestimmt noch mit Schrecken an den Helden zurück, der sich das Heck seines Personenwagens zum Sitzplatz erkor.

Ermahnung und Klage

Blenden wir kurz zurück auf die Zeit kurz vor der Abfahrt nach Regensburg. Schon um 9 Uhr dröhnt der Nürnberger Hauptbahnhof von so geistreichen Sprechchören wie „Hi, ha, ho Regensburg ist k. o.“ wider. K. o.? Eigentlich gibt‘s den doch bloß beim Boxen.

Beschwörende Worte der Bundesbahn-Bediensteten stoßen auf taube Ohren, diverse Helle und Doppelstöckige beginnen schon zu wirken. „Unterlassen Sie das Hupen. Sie übertönen damit die Rangiersignale und gefährden Menschenleben“, ist zu hören. Und Reiseleiter Alfons Klich bittet: „Wir fahren nach Regensburg voll elektrisiert. Ziehen Sie die Fahnen ein. Es ist in Ihrem eigenen Interesse!“ Ahnungsvoll fügt Klich hinzu: „Hoffentlich sind wir, die Bundesbahn-Direktion Nürnberg, nicht die ersten, die durch Gedankenlosigkeit ein Todesopfer im Sonderzug zu beklagen haben.“

Klage führen an diesem Vormittag auch das Zugpersonal, Bahnpolizeibeamte und Hotelbesitzer rund um den Bahnhof. Hotelgäste werden angeführt, denen der Radau eine Qual ist, ältere Leute, die durch den dröhnenden Hörnerklang erschreckt werden. Alle hören es, viele werden nachdenklich gestimmt, einige wenige greifen im Überschwang erneut zur „Pulle“.

Was ein echter „Club-Fan“ (?) ist, wirft auch einmal seine Fahne weg, wenn der Nachbar im „falschen Lager“ steht. Nach der Rückkehr aus Regensburg war das der Fall – in der Osthalle des Hauptbahnhofs. Reisende traten das bettuchgroße FC-Symbol buchstäblich mit Füßen. Ob das im Sinne des deutschen Rekordmeisters ist?

Anhang gibt Mut

Ein starker Anhang ist gut, gibt Mut auf fremden Plätzen. Nur wird der Verein nicht allein nach seiner vernünftigen Gefolgschaft gemessen. Er wird auch mit. jenen Fans in Verbindung gebracht, die das FCN-Emblem auf der Brust tragen, das Geschehen auf dem Sportplatz aber nur durch einen Nebelschleier sehen. Der Club, der deutsche Fußballgeschichte geschrieben hat, ist wieder hoffähig geworden. Er hat auch einen hoffähigen Anhang verdient...

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