12. April 1969: Hafenbauer jagen Rekorde

12.4.2019, 07:27 Uhr
12. April 1969: Hafenbauer jagen Rekorde

© Kammler

Nach den Jahren des Planens und der Vorarbeiten ist damit Nürnbergs größte Baustelle aller Zeiten in ihr entscheidendes Stadium getreten. Die Kaimauern werden schon betoniert, das Industriegebiet ist so weit erschlossen, daß sich bald die ersten Betriebe niederlassen können.

12. April 1969: Hafenbauer jagen Rekorde

© Kammler

Hafendirektor Walter Lechner, dessen Nerven oft bis zum Zerreißen angespannt waren, weil das schlechte Wetter im Herbst und zu Beginn des Jahres alle schönen Zeitpläne über den Haufen warf, hat bei den riesenhaften Fortschritten in den letzten Tagen wieder das Lachen gelernt. „Mitte 1972 sind wir mit dem Hafentrockenbau fertig“, sagt er zuversichtlich.

Selbst die größten Gegner des Hafens, die noch immer mit leisem Groll im Herzen an ihre ausgedehnten Spaziergänge durch den Wald zwischen Maiach und Eibach und an die Einkehr im lieben, alten Hinterhof denken, sind beeindruckt von der Weite des Geländes, und den übermächtigen Baggern und Fahrzeugen, die die Scholle für die Zukunft ebnen. Ihre Gedanken sind vielfältig: sie reichen vom Manövergelände einer Militäreinheit bis zur trostlosen Einöde der Wüste Sahara.

Der Hafenbau kurz in Zahlen: seit dem 1. Spatenstich wurden bisher 170 918 Kubikmeter Humus, 403.150 Kubikmeter Keuper und 375.256 Kubikmeter Sand bewegt; am Kai I entstehen täglich zwei 12,50 mal 6,50 Meter große und 50-75 cm dicke Lamellen; sie sind mit Öffnungen für die Straßendrainage, Griffnischen und Leitern versehen; ein wahrer Bagger-Koloß hievt mit jeder Schafelbewegung 3,2, Kubikmeter Erdreich auf die ohne Unterlaß rollenden, überschweren Fahrzeuge, die eineinhalb Kilometer weiter westlich im Hafenrandgebiet ihre Fracht abladen, ein Bandlader, der wie ein Pflug durchs Erdreich fährt lädt in 45 Sekunden 10 bis 11 Kubikmeter Sand und Steine auf einen sogenannten Bodenentleerer, der seine Fracht wieder los wird, indem sich wie bei einer Noratlas-Transportmaschine der Bauch öffnet; Scraper rasen mit ihrer tonnenschweren Last (ein Fahrzeug faßt über 40 Kubikmeter) mit 50 bis 60 Kilometer in der Stunde durchs Gelände.

Man könnte Bände darüber schreiben, an was alles gedacht wurde – daß den Schiffsleuten der triste Anblick des Schuttberges erspart wird, indem man seine Nordseite begrünt, daß einzelne Baumgruppen geschützt wurden, um das Hafengelände aufzulockern.

Kummer bereiten ihm auch jene Bürger, die das Hafengelände mit einem riesigen Schuttplatz verwechseln. Vom Direktor bis zum Arbeiter will hier fast jeder seinen Unrat loswerden. Der bisher schwerste Fall: von einem Schofför ließ sich ein Mann in Richtung Hinterhof fahren. Schwuppdiwupp lagen Matratzen im Freien. Er wurde erwischt und genauso angezeigt wie viele andere Bürger auch.

Das alles aber sind nur, wenn auch ärgerliche, Randerscheinungen in einem Projekt, für das allein die Hafenbauverwaltung und die Rhein-Main-Donau-AG runde 25 Millionen Mark Baukosten aufbringen müssen.

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