13. April 1967: Straßenbahn mit Funk

13.4.2017, 07:00 Uhr
13. April 1967: Straßenbahn mit Funk

© Gerardi

Erstmals in der Geschichte des „Massenverkehrsmittels“ sind vorerst 30 moderne Triebwagen auf den Linien 1 und 21 für den drahtlosen Sprechfunk ausgerüstet worden, über den bei Betriebsstörungen – ob es nun dem Führer schlecht wird oder Fahrgäste randalieren, ob ein Wagen plötzlich streikt oder die Verspätung mehr als fünf Minuten beträgt – rasch eingegriffen und der Mann am Fahrpult auf die günstigste Strecke dirigiert werden kann.

Die Funkleitstelle, die zu diesem Zweck im sechsten Stock des Plärrer-Hochhauses eingerichtet wurde, trägt den verpflichtenden Namen „Adler“, der Lokomotive, die am 7. Dezember 1835 den ersten deutschen Eisenbahnzug von Nürnberg nach Fürth zog.

13. April 1967: Straßenbahn mit Funk

© Gerardi

Generaldirektor Professor Dr.-Ing. habil. Josef Ipfelkofer, Oberbaudirektor Wilhelm Wacker, Dipl.-Kaufmann Fritz Vogel und Dr.-Ing. Heinrich Dillmann führten gestern ihre neuesten Errungenschaften vor. Sie erwarten von ihr, daß die Straßenbahn für ihre 125 Millionen Fahrgäste im Jahr wieder pünktlicher wird, denn 1966 war sie von 922 Störungen aufgehalten, die zusammen 18.000 Minuten dauerten. 300 Stunden, fast 13 Tage lang, war irgendwo ein Gleis der Verkehrsbetriebe (VAG) blockiert.

Am „Vorfall“ ändert sich nichts

In 481 Fällen – so haben die Männer von der VAG ausgerechnet – mußte die Straßenbahn umgeleitet werden. 184mal waren von einer Minute zur anderen Sonderomnibusse notwendig, um die Haltestellen wenigstens behelfsmäßig bedienen zu können. Vielfältig sind die Gründe der Störungen: Straßenbahnen entgleisen, Gleise werden kaputt, Straßen gesperrt und zuweilen auch Fahrgäste rabiat, so daß ein Hilferuf an die Ordnungshüter nötig ist.

An der Zahl dieser Vorfälle, die oft genug auch auf Autounfälle zurückgehen, wird der Sprechfunk zwar nichts ändern. Aber die drahtlose Unterhaltung kann helfen, die Dauer der Störungen zurückzuschrauben. „Betriebsstörungen rascher beseitigen und damit wieder schneller werden“, heißt die Devise der VAG, die bisher bereits Turmwagen und Hilfsgerätewagen sowie einige Personenautos für die Betriebsaufsicht mit UKW-Sprechfunkgeräten ausgerüstet hatte.

Jetzt hängen an der Funkleitstelle – die Funkstation selbst befindet sich im ersten Stock des Hochhauses – die 30 Straßenbahnwagen, in denen das Mikrophon, mit dem die Haltestellen ausgerufen werden, zugleich für den Funkspruch dient, während die ankommenden Gespräche in einem Lautsprecher links im Fahrerstand zu hören sind. Die Männer an den beiden Plätzen am Bedienungstisch erreichen außerdem zehn Störungsfahrzeuge, über tragbare Handsprech-Funkgeräte Aufsichtsbeamte an den Knotenpunkten Plärrer und Hauptbahnhof sowie über Funkalarmwecker Mitarbeiter des Störungsdienstes zu Hause.

Gut angelegtes Geld

„In der nächsten Zeit werden auch unsere restlichen Großraumtriebwagen angeschlossen“, kündigte Oberbaudirektor Wilhelm Wacker an. 1968 und 1969 folgen dann die rund 150 Omnibusse, ein Vorhaben, das allerdings nicht zu sehr eilt, weil die beweglicheren und meist in den Außenbezirken eingesetzten Fahrzeuge weniger von unliebsamen Vorkommnissen aufgehalten werden. Auch über den Preis des Sprechfunknetzes gab Dipl.-Ing. Wacker Bescheid.

Jede Anlage in den Triebwagen kostet der VAG rund 2.500 Mark; die ortsfeste Funkstation mit der Leitstelle schlägt mit rund 30.000 Mark zu Buch, so daß bisher rund 105.000 Mark ausgegeben wurden. Für die Ausrüstung aller Großraum-Triebwagen ist nochmals die Summe von rund 300.000 Mark fällig. Es war nicht eben billig, bis es über den Äther heißen konnte: „Hier Zugnummer 403. Motor ausgefallen. „Adler“ bitte kommen!“ Doch wenn es hilft, schneller voranzukommen, haben die Verkehrsbetriebe ihr Geld gut angelegt.

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