13. August 1967: Scharfe Bombe im Auto

13.8.2017, 09:08 Uhr
13. August 1967: Scharfe Bombe im Auto

© Friedl Ulrich

Da der gefährliche Fund nicht an Ort und Stelle entschärft werden konnte, mußte der Blindgänger auf dem Weg zum Truppenübungsplatz Grafenwöhr quer durch die Stadt gefahren werden. Bis das explosive Überbleibsel aus dem letzten Krieg in Sicherheit gebracht war, wurde die Fundstelle hermetisch abgeriegelt. Die Bewohner von zwölf Häusern mußten ihre Wohnungen verlassen. Zwischen Rathenauplatz und Bahnhof wurde der gesamte Verkehr gesperrt. Erst als das Entwarnungssignal aufheulte, atmeten die Männer des Sprengkommandos, der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes sowie die Sanitäter erleichtert auf.

Obwohl Sprengmeister Richard Hesse (57) schon über 3000 Bomben unschädlich gemacht hat, war es ihm diesmal nicht wohl ums Herz. Der Grund für seine Besorgnis: während sich der Heckzünder reibungslos entfernen ließ, war der Kopfzünder verklemmt und total deformiert. Der mutige und bekannte Feuerwerker ging kein Risiko ein. "Wir müssen die scharfe Bombe abtransportieren", stellte er mit geschultem Auge fest. Zu diesem Entschluß hatte er sich in Nürnberg schon lange nicht mehr durchringen müssen. "Mich ärgert das g‘scheit", stöhnte Richard Hesse, "ich hätte das Ding gerne sofort entschärft."

13. August 1967: Scharfe Bombe im Auto

© Friedl Ulrich

Der routinierte Sprengmeister mußte jedoch seinen Tatendrang zügeln, denn der verrostete Bauch der Bombe barg 250 Kilogramm brisanten TNT-Sprengstoff. An der drohenden Gefahr, die der verklemmte Kopfzünder verursachte, orientierte sich auch die Polizei bei der Auswahl ihrer Sicherheitsvorkehrungen. Über Lautsprecher forderte sie die Bewohner im Umkreis von 500 Metern auf, die Fenster zu öffnen und die Keller aufzusuchen. Zwölf Gebäude mußten sogar ganz geräumt werden. Als um 18.50 Uhr Katastrophenalarm ausgelöst wurde, sperrten 65 Beamte den Verkehr zwischen Rathenauplatz und Bahnhof.

Zehn Minuten später ging Richard Hesse mit seinen Helfern an die Arbeit. Bereits nach 120 Sekunden hatte er den Heckzünder herausgeschraubt. Nun begann ein weiteres schwieriges Unterfangen: die Bombe, die nur 20 Zentimeter unter dem Erdboden zwischen dem Turnhallen- und Volksschulneubau auf der Hinteren Insel Schütt gelegen hatte und zuvor fein säuberlich freigeschaufelt worden war, wurde von einem Kran der Feuerwehr langsam hochgezogen und Zentimeter für Zentimeter in einem Kombiwagen gehievt. Bis sie verladen war, verging eine gute halbe Stunde. Dann gab der Sprengmeister langsam Gas. Begleitet von zwei Polizeiautos und 15 "weißen Mäusen" rollte der Kleintransporter mit der ungewöhnlichen und hochexplosiven Fracht durch die Stadt. Pausenlos dröhnte es aus dem voranfahrenden Polizeiauto: "Achtung, Achtung! Scharfe Bombe. Bitte die Straße räumen."

"Ein Unfall darf uns nicht passieren", begründete Richard Hesse sein großes Begleitkommando. Der Konvoi kam sicher in Grafenwöhr an.

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